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Das militärische Testament von 17681

Das Feld Kriegskommissariat in Friedenszeiten2

Die meisten preußischen Provinzen sind nicht reich. Wir verzehren weit mehr, als wir durch die Ernte gewinnen. Bei diesem lästigen Mangel an NahrungsMitteln könnte es der Regierung im Fall eines plötzlich ausbrechenden Krieges leicht an genügenden Vorräten für die Armee fehlen. Man müßte dann Getreide zu hohen Preisen kaufen, und es wäre überhaupt fraglich, ob man welches bekäme. Zur Beseitigung solcher Übelstände sind große Getreidemagazine lediglich für die Armee angelegt worden, um bei unerwartetem Friedensbruch zur Verfügung zu stehen. Wir haben 36 000 Wispel in den alten Provinzen, die auf der Elbe befördert werden können. Sie genügen für eine Armee von 80 000 Mann mit den dazu gehörigen Knechten, die in Sachsen operieren soll. In Schlesien liegt der gleiche Vonat in den Festungen für eine ebenso starke Armee, die entweder in Böhmen und Mähren operieren oder die Grenzen decken könnte. Diese Magazine erleichtern uns den Beginn eines Feldzuges, sobald dies nötig wird. Weiter oben habt Ihr gesehen, welche Einrichtungen für die Fourage in Magdeburg und in Schlesien getroffen sind3.

Vielleicht wundert Ihr Euch, nicht die gleichen Vorsichtsmaßregeln in Ostpreußen, Westfalen und den rheinischen Provinzen zu finden. Der Grund ist dieser. Zunächst strömt das Getreide aus Polen in solchem Überfluß nach Preußen, daß die Anlage von Magazinen sich dort erübrigt. Ferner läßt sich Ostpreußen in seiner jetzigen Gestalt gegen die Unternehmungen der Russen nicht verteidigen; denn sie können im Rücken der Verteidigungsarmee Truppen landen, und da die Provinz durch


1 Das militärische Testament ist ein Bestandteil des politischen Testaments von 1768, von dem uns sonst nur Bruchstücke bekannt sind. Vgl. zu dem obigen den entsprechenden Abschnitt „Das Heerwesen“ des politischen Testaments von 1752 und den „Abriß der preußischen Regierung“ von 1776 (Bd. VII, S. 168 ff. und 210 ff.).

2 Vgl. S. 15 ff. und Bd. VII, S. 180 ff.

3 Die angezogene Stelle des Testaments von 1768 liegt uns nicht vor. Aus dem „Abriß der preußischen Regierung“ von 1776 (Bd. VII, S. 211) ergibt sich, daß in Breslau und Magdeburg Geld zum Ankauf von Fourage bereit lag, dort 4 200 000 Taler für ein Heer von 60 000 Mann, hier 900 000 Taler zur Beschaffung von Fourage für 6 Wochen.