<23> muß man seine Disposition ändern und an seinen äußersten Flügel Infanterie stellen, damit sie die eigene Kavallerie schützen kann. Bisweilen stellt man seine gesamte Kavallerie auf einen Flügel, bisweilen ins zweite Treffen. In andern Fällen sichert man seine beiden Flügel durch eine bis zwei Infanteriebrigaden. Die besten Stellungen für die Infanterie sind Anhöhen, Kirchhöfe, Hohlwege und Gräben. Stellt man seine Truppen derart auf, so braucht man nie einen feindlichen Angriff zu f´ürchten. Stellt man aber seine Kavallerie hinter einen Sumpf, so kann man nichts von ihr erwarten. Stellt man sie nahe an ein Gehölz, so kann der Feind Truppen hineinwerfen, sie von dort aus beschießen und in Verwirrung bringen, ohne daß sie sich wehren kann. Ebenso geht es, wenn Ihr Infanterie in der Ebene bloßstellt, ohne ihre Flanken zu sichern. Dann wird der Feind Euren Fehler benutzen und sie von der Seite angreifen, auf der sie sich nicht wehren kann. Man muß sich also stets nach dem Gelände lichten, wo man sich befindet.
In bergigem Gelände und bei festen Stellungen würde ich meine Kavallerie ins zweite Treffen nehmen und sie im ersten Treffen nur da gebrauchen, wo sie fechten kann; es wäre denn, daß man einige Schwadronen bereithält, um der feindlichen Infanterie in die Flanke zu fallen, falls sie einen Angriff wagt.
Ich füge noch als allgemeine Regel hinzu, daß bei allen Armeen, die gut geführt werden, in der Ebene eine Kavalleriereserve, aber in schwierigen Gegenden eine Reserve aus Infanterie mit einigen Dragonern oder Husaren gebildet werden muß1.
9. Kapitel Verschiedene Lager2
Der Heerführer muß sich sein Lager selbst wählen; denn von der Wahl des Ortes hängt der Erfolg seiner Unternehmungen ab. Das Lager wird bisweilen sein Schlachtfeld, und da in diesem Teile der Kriegskunst viel zu bedenken ist, so werde ich ziemlich ins Detail gehen müssen. In bezug darauf, wie die Truppen kampieren
1 Zusatz von 1752: „Die große Kunst bei der Besetzung des Geländes besieht barin, die Truppen so aufzustellen, baß sie volle Bewegungsfteiheit haben und nach Belieben verwandt werden können. Als Villeroy sich in der Ebene von Ramillies aufsiellte, beraubte er sich, vielleicht in Unkenntnis dieser Regel, seines linken Flügels, indem er ihm seinen Platz hinter einem Sumpf anwies, wo er weder fechten noch auch den rechten Flügel unterstützen konnte.“ Villeroy wurde am 23. Mai 1706 bei Ramillies von Marlborough geschlagen.
2 In der Fassung von 1752 ist diesem Kapitel der folgende Absatz vorausgeschickt: „Wollt Ihr wissen, ob das von Euch gewählte Lager gut ist, so seht zu, ob Ihr den Feind zu einer großen Bewegung zwingen könnt, wenn Ihr eine kleine macht, oder ob der Feind durch einen Marsch, den er macht. Euch zu mehreren nötigt. Wer am wenigsten Märsche zu machen hat, ist am besten gelagert,“