<235> bilden den Kern der Armee. Sehr wahr sagt das Sprichwort: „Des Herrn Auge macht das Pferd fett.“ Der Offizier will durch Ehrgeiz geleitet werden, und nichts flößt ihm mehr Ehrgeiz ein, als wenn er sieht, wie der Herrscher und alle Prinzen ihm mit gutem Beispiel vorangehen. Würden diese Regimenter nicht so oft unter den Augen ihres Kriegshenn versammelt und exerziert, so ließe jedermann sich gehen. Sie sind es gewohnt, ihren König an der Spitze zu sehen, und an diesem Brauche darf nicht gerüttelt werden. Außerdem sind alle Rügen und Strafen, alle Auszeichnungen, die der Kriegsherr angesichts der sämtlichen Truppen austeilt, ein Sporn für den Ehrgeiz und Wetteifer. Der eine handelt aus Furcht vor Strafe, der andre, um Belohnung zu verdienen.
Bedenkt vor allem, daß der preußische Staat zerrissen, daß die Kurmark ein offenes Land ist und daß wir uns nur so lange behaupten werden, als wir ein gutes Heer haben. Dann werdet Ihr einsehen, daß alles, was die Armee angeht, für uns Ehrensache sein muß, und daß wir weder Sorge noch Mühe sparen dürfen, sondern mit gutem Beispiel vorangehen müssen, um sie kriegstüchtig zu erhalten.
Da die Revuen im Frühjahr stattfinden, wenn die Felder bestellt sind, so muß man sich darauf beschränken, das im großen auszuführen, was im kleinen auf dem Exerzierplatz geschieht. Da man auf diese Weise die Offiziere aber unmöglich ausbilden kann und sie nur auf kriegsmäßigem Gelände etwas lernen, so ziehe ich im Herbst nach der Ernte größere Korps zusammen, und dann findet die ganze Übung nur für die Generale und Offiziere statt, ohne Rücksicht auf den gemeinen Mann. Da lernen sie gegebene Anordnungen pünktlich ausführen und das Gelände gründlich ausnutzen. Die Generale lernen geschickt mit ihren Brigaden manövrieren, die Offiziere ihre Bataillone gut führen. Man läßt Angriffe aller Art und Rückzüge in allerlei Gegenden und unter den verschiedensten Kriegslagen ausführen.
Wird dergleichen nicht geübt, so verfallen die Offiziere in die gröbsten Fehler, sogar ohne es zu wissen. Durch die Unwissenheit der Offiziere und Generale ist schon mehr als eine Schlacht verloren gegangen, mehr als eine Unternehmung gescheitert. Man kann sich nicht Mühe genug geben, ihnen die Regeln der Kriegskunst einzuschärfen und sie anwenden zu lassen. Die Kriegskunst ist für den Staat so wichtig, daß man staunt, wie sehr sie vernachlässigt wird. Wie? Man kann nicht Schustermeister werden, ohne lange gelernt und Schuhe gemacht zu haben, und in andern Ländern befördert man Obersten und Generale, die höchstens auf der Jagd Pulver gerochen haben! Wer nur auf der Karte Kriege geführt hat, wird sehr in Verlegenheit kommen, wenn er dem Feind gegenüber handeln soll. Die einzige Möglichkeit zur Ausbildung derer, die keinen Krieg mitgemacht haben, besieht darin, sie auf verschiedenem Gelände Truppen führen zu lassen. Dann bilden sie ihren Blick und lernen die Vor- und Nachteile des Geländes rasch erfassen, bekommen Übung in der Taktik und den verschiedenen Dispositionen, erlangen Kenntnis aller Vorteile, die man