<237>teidigen will, sie aber zu verlieren fürchtet. Wird sie vom Feinde genommen, so büßt Ihr wenigstens kein ganzes Korps ein, und der Verlust wird nicht empfunden.
Jede Armee hat stets Kranke und Verwundete, nach großen Schlachten öfters sehr viele. Man muß Lazarette haben. Menschlichkeit und Dankbarkeit gegen die, die ihr Leben so oft für den Staat einsetzen, gebieten, wie ein Vater für sie zu sorgen. Zu ihrer Pflege muß man Ärzte und Feldschere in genügender Zahl haben, vor allem aber ein paar alte Offiziere von erprobter Rechtschaffenheit, die darüber wachen, daß jeder seine Schuldigkeit tut, daß niemand die Nahrungsmittel stiehlt, die Suppe und was der Staat sonst zur Pflege und Heilung dieser ruhmvollen Opfer bezahlt. Es empfiehlt sich, bei den Armeen einen Vorrat an Essig mitzuführen, um ungesundes und sumpfiges Wasser zu verbessern. Der Soldat setzt dem Wasser etwas Essig bei: dadurch wird es klar und unschädlich. Will man eine Schlacht liefern, so muß stets eine Anzahl von Ärzten und Feldscheren bei der Armee sein, damit die verwundeten Offiziere und Soldaten rasch verbunden werden und die erste Hilfe finden.
Rücken die Truppen in die Winterquartiere, so dürfen sie ihre Stuben nicht zu stark heizen; sie müssen purgiert und dann zur Ader gelassen werden, um dem Ausbruch von Krankheiten und Seuchen nach Möglichkeit vorzubeugen. Darauf beginnt das Exerzieren wie in Friedenszeiten. Man muß, somit angängig, die Truppen ablösen, die die Postenkette der Winterquartiere bilden, damit sie etwas Ruhe bekommen und ebenso wie die andren exerzieren können.
Mehr als sonst sind im Kriege rasche Belohnungen und strenge Strafen nötig; denn das Verdienst muß geehrt werden, sowohl um seiner selbst willen, wie um edlen Wetteifer bei den andren anzuregen. Ein Offizier, der eine glänzende Tat vollbracht hat, soll zwei Grade aufrücken, schmeichelhafte Auszeichnungen erhalten und, wenn er arm ist, Mittel zur Ausbesserung seiner Verhältnisse bekommen. Die strengsten Strafen stehen auf Nachlässigkeit im Nachtdienst und Nichtbefolgung von Befehlen; denn Feigheit läßt sich nicht anders bestrafen, als daß man solche Memmen mit Schimpf und Schande wegjagt.
Die Kavallerie in Friedenszeiten
Mein Vater hinterließ mir eine schlechte Kavallerie. Fast kein Offizier verstand sein Handwerk. Die Reiter hatten Angst vor ihren Pferden, bestiegen sie fast nie und tonnten nur zu Fuß exerzieren, beinahe wie die Infanterie. Die schweren Leute und großen Pferde machten sie so unbehilflich, daß sich dadurch im Ersten Schlesischen Kriege die Notwendigkeit einer vollständigen Umgestaltung dieser Waffe ergab1.
1 Vgl. Bd. l, S. 186 f.; II, S. 78 und 213.