<293> so ist das das allersicherste. Soll es ein Ueberfall sein, so muß die Zeit vom Marsch wohl ausgerechnet werden, daß man zur festgesetzten Stunde an dem Orte des Lagers, wo man hin will, ankommt, damit die Attaque eine Stunde vor Tage vor sich gehen kann. Bei dieser Gelegenheit muß der Marsch in aller Stille projectiret weiden, müssen die Soldaten keinen Taback rauchen, die Artilleristen ihre Lunten wohl verstecken, damit sie nicht durchs Feuer entdecket werden, und keine Pferde mitgenommen werden, die wiehern, damit der Feind nichts weiß, bis man bei ihm ist und der Ueberfall desto sicherer und desto besser geräth. Sind die Umstände aber so, daß kein Ueberfall statt finden kann, so muß die Disposition zur Attaque gemacht werden, nachdem man sich die Zeit gegeben hat, den Posten wohl zu judiciren1, und alsdann muß die Disposition darnach gemacht werden, wie Ich es in Meinem Buche an die Generale 2 beschrieben habe, das ist, daß der Feind an seinem schwächsten Orte attaquiret werde, an einem Point d'attaque3 sich nicht zu lange mit Schießen aufgehalten, sondern Terrain genommen und, wo es möglich ist, ihn in der Flanke und im Rücken attaquiret.

Was den defensiven Krieg angehet, so beruhet der vorzüglich auf Fortificationen, Läger mit gutem Judicium zu nehmen4, die Läger zu fortificiren, die Dörfer, die in der Kette von den Winterquartieren liegen, gut zu verschanzen und alle die Sachen anzubringen, die sie bei den Ingenieurs lernen.

Zweiter Artikel. Ich weiß, wie unmöglich es ist, daß alle Officiere bei einer so großen Armee den Verstand und die Geschicklichkeit besitzen, die zu dem Handwerke erfordert wird. Dessen ohngeachtet aber bin Ich nicht weniger versichert, daß, wenn die Chefs und Commandeurs der Regimenter diejenigen jungen Officiere, die Verstand und Ambition haben, aufmuntern, daß viele darunter sein werden, die durch hohe Application und soliden, den Krieg angehenden Dienst sich Geschicklichkeit erwerben werden, denen sie ihr Glück und ihren Ruhm werden zu danken haben.

Um sie dazu noch mehr zu ermuntern, so kann die Geschichte von alten Kriegen ihnen empfohlen werden. Es sind die Kriege von Gustav Adolf, die Campagnen von Prinz Conde, von Marschall de Turenne, von Marschall von Lurembourg, die Kriege des Prinzen Eugen, Feldzüge Karls XII. von Adlerfeld5, Feuquières' Mémoires6 und L'Art de I'attaque et de la défense von Vauban. Dies sind lauter Bücher, in denen die vornehmsten Sachen, die in vorigen Zeiten geschehen, enthalten sind.

Da es unmöglich ist, daß man für jedes Regiment alle die Bücher haben kann, so werde Ich suchen, eine solche Sammlung für jeden Inspecteur anzuschaffen, damit zum wenigsten die Officiere, die am mehrsten Ambition und Lust zu ihrem Hand-


1 Sich ein Urteil über die Stellung zu bilden.

2 Vgl. die „Generalprinzipien des Krieges“ (S. 65 ff.).

3 Angriffspunkt.

4 verständig auszuwählen.

5 Gustav Adlerfeld, Histoire militaire cle Charles XII, roi de Suède, depuis l'an 1700 jusqu'à la bataille de Pultowa 1709 (Amsterdam 1740).

6 Vgl. S. 117.