Wegen dieser Dienste erhielt er die Herrschaft Kuttlau, ein soeben frei gewordenes Lehen. Aber Goltz wollte bei aller Dankbarkeit für die Güte des Königs ihm lieber nützlich sein als sich belohnen lassen. Bei seiner Rührigkeit konnte es ihm an Gelegenheiten zur Befriedigung einer so edlen Leidenschaft nicht fehlen.
Im Kriege erkennt man erst den ganzen Wert der Tatlust und Wachsamkeit. Gunst schweigt dort vor dem Verdienst. Dünkel verblaßt vor den Talenten. Das Staatswohl erfordert eine sichere und gescheite Auswahl derer, die die vielseitigste Verwendung finden. Denn wieviel Triebfedern muß man nicht zugleich spielen lassen, um die großen Heere, die man heute aufstellt, mit Lebensmitteln zu versehen und in Bewegung zu setzen! Es sind wahre Völkerwanderungen und Eroberungszüge, bei denen sich aber die Bedürfnisse täglich erneuern und regelmäßig befriedigt sein wollen. Ganze Nationen ziehen von Ort zu Ort, und es ist schwerer, sie vor Hunger als vor ihren Feinden zu schützen. Infolgedessen sind die Pläne des Feldherrn stets mit der Proviantfrage verkettet, und seine größten Projekte schrumpfen zu heroischen Hirngespinsten zusammen, wenn er nicht vor allem auf Sicherung der Verpflegung bedacht gewesen ist. Der, dem er dies Amt überträgt, wird damit zum Vertrauten seines Geheimnisses und mit allem verknüpft, was es im Kriege Großes und im Staate Wichtiges gibt.
Aber welche Gewandtheit ist nicht in solcher Stellung nötig, um so weite Gebiete zu beherrschen, Zwischenfälle und unverhoffte Ereignisse vorherzusehen und schon im voraus so bestimmte Maßregeln zu treffen, daß kein Zufall sie umwerfen kann! Welcher Hilfsquellen des Geistes, welcher Aufmerksamkeit bedarf es, um zu jeder Zeit und an jedem Orte eine solche Menge unruhiger, ungeduldiger und unersättlicher Leute mit dem Notwendigen und auch mit dem Überflüssigen zu versehen! Alle diese verschiedenen Talente und glücklichen Anlagen waren in Goltz vereinigt. Der König ernannte ihn zum Armeeintendanten, und was noch bemerkenswerter ist: jedermann zollte dieser Wahl Beifall.
Goltz war wie Proteus in der Fabel. Im ersten Feldzuge leistete er die Dienste eines Adjutanten, eines Generals, eines Intendanten und sogar eines Unterhändlers. Er wurde mit einem wichtigen geheimen Auftrage betraut1, von dem die Öffentlichkeit nie volle Kenntnis erhielt. Was man aber sehr wohl wußte, war, daß er seine Ämter wechselte, ohne daß man es an seiner Tätigkeit merkte, da er sich seiner Aufgabe stets gleich gut entledigte.
Im Jahre 1742 folgte er dem König nach Böhmen und gab in der Schlacht von Czaslau Proben seiner Fähigkeit, aus denen Kenner ersahen, daß sein Genie die Erfahrung zu ersetzen wußte. Am Ende des Feldzuges ward er Oberst und Kommandeur des Regiments Gensdarmes.
1 Golß diente als Unterhändler beim Abschluß der Konvention von Kleinschnellendorf am 9. Oktober 1741 (vgl. Bd. II, S. 89).