Nach langem Schlaf ward neu die Kunst beseelt:
Der fünfte Karl erweckte sie zum Leben.
Sein Feldherrngenius ließ die Welt erbeben
Vor Spaniens Fußvolk, kühn und krieggestählt.
Karl gab ihm Ordnung, schrieb Gesetze vor —
Bis es bei Rocroy Schlacht und Ruhm verlor1.
Doch der Bataver seine Fesseln brach,
Das schnöde Joch der fremden Tyrannei.
Geschult von Moritz2, rächt' er seine Schmach,
Und durch Gehorsam ward er frei.
In seinen sieggewohnten Heeren
Gedieh Turennes bestaunte Feldherrnkunst3.
Der große Ludwig schenkt' ihm seine Gunst;
Die Franken folgten seinen Heldenlehren.
Des Krieges Regeln prägten sie uns klar;
Doch blind war Ludwig für den jungen Aar,
Des Mars und der Minerva Lieblingssohn:
Da ward Eugen zum Hort dem Kaiserthron4.
Der junge Dessau focht in Süd und Norden
In seiner Zucht und wurde kriegserfahren.
So sind die Götter, die mit Östreich waren,
Durch ihn zu Preußens Göttern nun geworden.
Sieh, wie die Kunst, die Dir mein Lied verkündet,
Die Throne stets gestützt, wohin ich schaue.
Und ist sie auf die Mannszucht fest gegründet,
Und waltet Kraft in ihrem großen Baue —
Ermiß, wie weit dann ihre Wirkung greift!
Doch durch Erfahrung wird sie nur gereift.
Dem Neuling wehe, den der Wahn umfinge,
Daß man die Stufen mühlos überspringe!
Als Phaeton den Vater einst beschwor,
Den Wagen ihm zu leihn — der junge Tor! —
Verstand er nicht der Rosse Mut zu zähmen;
Fremd war die Bahn, die sie am Himmel nehmen;
Doch dreist griff er zum Zügel, sie zu leiten.
So irrt' er auf verschlungnem Pfad einher;
1 Am 19. Mai 1643 siegten die Franzosen unter Condé bei Rocroy über die Spanier.
2 Prinz Moritz von Oranien (1567—1625), der zweite Sohn Wilhelms des Schweigers, Statthalter und Generalkapitän von Holland.
3 Vgl. S. 352.
4 Vgl. Bd. II, S. 19.