7. Gefechte und Schlachten

Gefechte sind Kämpfe zwischen kleinen Korps oder solche, bei denen nur ein Teil der Armee angreift oder sich verteidigt. Schlachten sind allgemeine Kämpfe, bei denen<91> auf beiden Seiten alles gleichmäßig eingesetzt wild. Allemal, wenn man den Feind angreifen will, hängt die Art, wie man zu kämpfen hat, vom Gelände und von den Vorteilen ab, die der Feind sich zu verschaffen weiß. Jeder Angriff auf eine feste Stellung gehört zum Gefecht. Ein Feind, der den Kampf vermeiden will, sucht seinen Vorteil in einem schwer zugänglichen Gelände, das von Schluchten und Hohlwegen durchschnitten, von Wäldern oder Flüssen beengt ist. Er lagert sich auf dem Gipfel von Bergen oder Anhöhen, besetzt Dörfer, errichtet Batterien, befestigt sein Gelände je nach dessen Beschaffenheit, stellt jede Waffe an den geeigneten Fleck, verstärkt seine Infanterie durch die Kavallerie und umgekehrt, deckt sich durch spanische Reiter, Schanzen und Befestigungen. Alle diese verschiedenen Maßregeln, die dem jeweiligen Gelände angepaßt sind, erfordern verschiedene Dispositionen von feiten des Angreifers. Das Gelände ist das erste Orakel, das man befragen muß. Danach läßt sich die Disposition des Feindes aus den allgemeinen Kriegsregeln erraten. Aus ihnen kann man auf seine ganze Anordnung und auf die von ihm benutzten Listen und Vorsichtsmaßregeln schließen, um demgemäß seine eignen Anstalten zu treffen.

Da Worte nie so anschaulich wirken wie eine Zeichnung, die dem Auge alles Wissens-werte sofort darstellt und zugleich ein langes und langweiliges Gerede erspart, so gebe ich hier Pläne von verschiedenen Stellungen nebst den verschiedenen Angriffsarten91-1. Ich nehme dabei an, daß meine Armee 55 Bataillone und 110 Schwadronen stark ist, und füge die Hauptregeln hinzu, die man stets beachten muß:

1. Marschiert man in geschlossenen Kolonnen, so soll man 1500 Schritt vom Feinde aufmarschieren, aber nie näher, da sonst das Geschütz Verheerungen anrichtet.

2. Bildet man die schräge Schlachtordnung91-2, so muß man mit dem Angriffsflügel einen Teil der feindlichen Truppen überflügeln. Geschieht das nicht und Ihr geht zum Angriff vor, so umfaßt Ihr den Feind nicht nur nicht, sondern bei der Art von Viertelschwenkung, die Ihr gegen den Feind machen müßt, stoßt Ihr mit der Kavallerie auf die zweite oder dritte feindliche Schwadron und mit der Infanterie auf das zweite oder dritte Bataillon oder bestenfalls auf den äußersten feindlichen Flügel, überragt ihn also nicht mehr.

3. Eure Angriffstruppen und Euer äußerster Flügel müssen den Feind stets überflügeln. Nie dürft Ihr die Truppen aufs Geratewohl ansetzen, sodaß Ihr überflügelt werden könnt.

4. Die Infanterie ist stets geschlossen zu führen. Tritt eine Lücke ein, so darf dies doch nie auf dem Angriffsflügel sein.

5. Muß man Regimenter von den Flanken oder aus dem zweiten Treffen nach rechts oder links vorziehen, so ist der andre Flügel zu benachrichtigen, damit er<92> ebenso viele Truppen ins zweite Treffen zurückzieht. Dann kann dieser, sobald er ausschließt, den Angriffsflügel decken und verstärken.

6. Bei allen Angriffen, wo man ein Vortreffen bildet, sei es, um ein Dorf, eine Batterie usw. anzugreifen, darf die Schlachtlinie im Vorrücken nie mehr als 100 Schritt hinter dem Vortreffen zurückbleiben, damit sie es unterstützen und schützen kann.

7. Greift Ihr mit der Infanterie staffelförmig an, so müssen die Brigaden so geführt werden, daß sie sich stets gegenseitig die Flanken decken; desgleichen die Kavallerie. Die Flanken — man kann es nicht genug wiederholen — sind der schwache Punkt der Armee: man muß sie stets schützen und verstärken.

8. Die Infanterie soll so wenig wie möglich schießen, sondern mit dem Bajonett angreifen.

9. Wendet nie meinen Kolonnenangriff92-1 an, wenn der Feind seine Kavallerie in Schlachtordnung hinter der Infanterie in Bereitschaft hält. Er taugt nur dann etwas, wenn die Infanterielinie zu feuern beginnt92-2. Dann bildet man, wenn keine Kavallerie dahinter sieht, aus einem Bataillon des zweiten Treffens eine Kolonne, von 4 Schwadronen unterstützt, und stößt hindurch.

10. Beim Angriff auf Dörfer müssen die ersten eindringenden Truppen sich darin festsetzen und die nachfolgenden das Dorf völlig säubern.

11. Außer der Reserve muß man stets Kavallerie im zweiten Treffen haben. Sie braucht nicht zu nahe zu stehen und soll außerhalb des Feuers halten, bis zu dem Augenblick, wo sie eingesetzt wird.

12. Man soll stets eine Abteilung des zweiten Treffens hinter den Geschützen des ersten haben.

13. Cure Flanken, 3 Bataillone stark92-3, müssen eine Reserve von 2 Grenadierkompagnien haben.

14. Hinter den Kavallerietreffen sind stets 3 bis 4 Schwadronen am äußersten Flügel in Reserve zu halten, um den Feind zu überflügeln, wenn sich Gelegenheit bietet.

15. Beim Angriff auf eine Stellung, deren ganze Stärke im Gelände liegt, soll man sich nicht überstürzen, sondern mit der Avantgarde vorgehen, die feindliche Stellung rekognoszieren, um seine Disposition danach zu treffen, und, wenn möglich, den Stier nicht bei den Hörnern fassen. Wankt der Feind aber, so muß man ihn ohne Besinnen so ungestüm wie möglich angreifen.

16. Beim Angriff auf eine Stellung muß man stets 10 Mörser mit sich führen, um zwei Batterien zu bilden, die hinter den Treffen aufgestellt werden, um die feindlichen Batterien während des Vorrückens zum Angriff kreuzweise zu bombardieren.

<93>

17. Man darf nie ein Dorf bombardieren, wenn der Wind gegen uns sieht, wohl aber es in Brand schießen und in Asche legen, wenn der Wind gegen die feindliche Armee weht.

Das sind ein paar Regeln, die man stets vor Augen haben muß, um sie bei Gelegenheit zu gebrauchen. Ich gehe nun zu den Plänen über.

Aus der Stellung des Feindes in Plan I ersieht man, daß sich das Gelände vor seiner Front verengt. Das erschwert den Angriff; denn man muß beim Heraustreten aus der Enge mit seiner Spitze gleich eine entwickelte Linie angreifen. Außerdem kann man sicher sein, daß der Feind das Gehölz mit leichter Infanterie gespickt hat. Der Angriff auf diese Stellung erfordert folgende Disposition:

Plan I

Man marschiert vor dem Gehölz auf, die Infanterie im ersten, die Kavallerie im zweiten Treffen, und zieht 12 Bataillone vor, um sich in den Besitz des Gehölzes zu setzen. Rechterhand werden Brücken geschlagen, um einige Infanterie mit Geschütz über den Fluß zu werfen. Ist man Herr des Gehölzes, so läßt man möglichst viel Infanterie vorrücken, um es zu besetzen, formiert dann zwischen Fluß und Gehölz einen starken Kavallerieflügel, versagt dem Feind seinen rechten Flügel und greift mit dem linken dessen rechten Flügel an, um ihn in der Flanke zu fassen usw.

<94>

Plan 2

Das Gelände, in dem sich der Feind auf Plan 2 festgesetzt hat, ist durch seine Lage sehr stark. Ich würde raten, den Angriff, wenn möglich, zu unterlassen. Ist er aber unabweislich, so gibt es folgendes Mittel dazu. Der ganze Kampf muß auf dem linken Flügel ausgefochten werden; denn der rechte Flügel des Feindes ist der schwächere. Hier muß die Kavallerie durch eine große Attacke vordringen, indem sie sich an den Morast anlehnt. Der rechte Flügel muß außer Gewehrschußweite bleiben, um nicht unnütz zu leiden. Der tiefe Hohlweg bildet die Scheidegrenze zwischen beiden Armeen. Gelingt die Kavallerieattacke, so kann man mit der Infanterie links abmarschieren, den rechten feindlichen Flügel umgehen und ihn in der Flanke fassen. Würde man mit dem rechten Flügel angreifen, so käme es zu einem mörderischen, Ungewissen Kampf, bei dem man furchtbare Verluste haben könnte. Indes würde ich gegenüber der Batterie auf dem rechten feindlichen Flügel, die die Kavallerie flankiert, eine Mörserbatterie aufstellen, um sie zum Schweigen zu bringen, wie man es auf dem obigen Plane sieht; denn ich nehme an, daß der Hohlweg sich nach dem rechten feindlichen Flügel zu verliert. Ich habe sogar einige Bataillone auf meiner äußersten Linken aufgestellt, nebst einer Batterie, die auf die feindliche Kavallerie feuert, um ihre Verwirrung und Flucht zu beschleunigen.

Aus der Stellung des Feindes auf Plan 3 ersieht man, daß seine Rechte hinter einem Verhau sieht, wo sich eine starke, das Dorf flankierende Batterie befindet. Weiterhin hat seine Infanterie eine Anhöhe besetzt. Dann kommt das Dorf, eine kleine Ebene, ein mit Infanterie besetztes Gehölz, wieder eine kleine Ebene, und sein linker Flügel lehnt sich an die Ausläufer eines Hügels. Diese Stellung muß von rechts angegriffen werden. Dann meidet man den Verhau, die Anhöhe und das Dorf, auf die ein Angriff sehr verlustreich wäre. Ich würde die schräge Schlachtordnung bilden, meine Mörserbatterie auf dem rechten Flügel aufstellen, die Kavallerie ins zweite

<95>

Plan 3

Plan 4

<96>

und dritte Treffen nehmen und den Hauptstoß von rechts führen. Sobald meine Im fanterie die Linke des Feindes durchbrochen hat, dringen einige Bataillone vor, um sich in den Besitz des Gehölzes zu setzen. Um den Rest der Armee in der Flanke zu fassen, setzen sich die 5 Bataillone, die die Infanterie angegriffen und geworfen haben, in Kolonne, damit die Kavallerie zwischen ihnen hindurchgehen und die feindliche Kavallerie attackieren kann, die den Rückzug ihrer Infanterie decken will. Durch diese Lücke muß möglichst viel Kavallerie vorgehen, damit sie den Anprall der ganzen feindlichen Reiterei aushalten kann, die ihrem geschlagenen linken Flügel zu Hilfe eilen könnte. Aber selbst, wenn die Kavallerie geworfen würde, könnte sie sich unter dem Schutze des Feuers meiner 5 Infanteriekolonnen wieder sammeln.

Plan 4 zeigt eine Aufstellung, die um so trügerischer ist, als man die Falle nicht merkt, die der Feind Euch stellt. Sein erstes Treffen verdeckt seine wahre Stellung. Sein rechter Kavallerieflügel sieht in Höhe des zweiten Treffens, sodaß er durch seine Infanterieflanke flankiert wird. Das zweite Kavallerietreffen überflügelt das erste, sodaß alles fiankiert wird. Vor der Front der Aufstellung sind Schluchten, Hohlwege und Teiche. Die Kavallerie des linken Flügels wird durch ein Infanteriekarree verstärkt, das sich an einen Morast lehnt. Diesen linken Flügel würde ich wegen seiner Stärke nicht angreifen, zumal der aus dem Teich kommende Bach meine Angriffsfront einengt. Ich würde mich also für den Angriff mit dem linken Flügel entscheiden. Meine Kavallerie müßte staffelweise attackieren, wie man es auf dem Plane sieht. Die Rechte meines angreifenden Kavallerieflügels setzt sich Schwadron hinter Schwadron, um das mörderische Infanteriefeuer in der Flanke zu meiden. Den<97> Bach, der aus dem Teiche kommt, muß ich zur Anlehnung meines rechten Flügels benutzen, und meine Infanterie muß von links angreifen, wie man es auf dem Plane sieht. Die Schwierigkeit beginnt, wenn das erste Infanterietreffen geworfen ist: dann stößt man auf ein mit Infanterie besetztes Dorf, hinter dem das geschlagene feindliche Treffen sich sammeln kann. Um das zu verhindern, muß meine siegreiche Kavallerie, nachdem sie die feindliche verjagt hat, sofort abschwenken, um die Rückseite des Dorfes zu gewinnen. Ferner müßt Ihr Eure Reserve heranziehen, und wenn es durchaus nötig ist, das Dorf anzugreifen, dazu frische Truppen aus dem zweiten Treffen nehmen, die noch nicht im Feuer gewesen sind. Sobald Ihr das Dorf eingenommen habt, ist die Schlacht gewonnen, und es gilt nur noch, den Feind nachdrücklich zu verfolgen.

Plan 5

Aus Plan 5 geht hervor, daß der Feind die Front seiner Kavallerie, sowie drei Viertel seiner Armee mit spanischen Reitern geschützt hat, daß sich im Zentrum eine oder zwei schwere Batterien befinden, daß auf dem linken Flügel des ersten Treffens 30 Grenadierkompagnien stehen, die im zweiten Treffen durch Ungarn mit dem Säbel in der Faust, sechs Mann hoch, unterstützt werden, und daß er seinen linken Kavallerieflügel mit spanischen Reitern gedeckt hat. Ich untersuche nicht, ob diese Aufstellung gut oder fehlerhaft ist. Man braucht nur meine Disposition anzusehen<98> und wild sich daraus leicht ein Urteil bilden. Wie man sieht, maskiere ich meine Infanteriekolonnen hinter der Kavallerie bis auf 600 Schritt vom Feinde. Dann treten sie zwischen die Kavallerieregimenter, und ihre Geschütze feuern im Vorrücken auf die feindliche Kavallerie. Hält diese stand und läßt ihre spanischen Reiter vor sich, so marschiert meine Infanterie auf und schießt sie mit Geschütz- und Gewehrfeuer zusammen. Verliert aber die Kavallerie die Geduld und zieht die spanischen Reiter zurück, um zu attackieren, so bricht die meine in Karriere vor und muß sie schlagen, da sie ja von den Infanteriekolonnen hinter sich unterstützt wird. Ist die feindliche Kavallerie geworfen, so marschieren die Bataillone auf und fassen die feindliche Infanterie in der Flanke. Lassen nun die österreichischen Grenadiere ihre Ungarn auf türkische Art angreifen, so ziehe ich von der Rechten und Linken meiner Angriffsfront je 2 Schwadronen vor, um sie in der Flanke zu fassen, und halte noch 2 Schwadronen im zweiten Treffen bereit, um alles, was etwa durchbrechen könnte, zurückzuwerfen, ganz abgesehen davon, daß mein schweres Geschütz furchtbar unter ihnen wüten wird. Dann braucht die siegreiche Kavallerie nur noch das zweite Treffen des Feindes im Rücken zu fassen, und ich bin sicher, daß er ohne große Mühe geschlagen wird.

Die Disposition auf Plan 6 ist besser durchdacht und maskiert, die feindliche Stellung ist also stärker als die vorige. Front und Flanken der Infanterie sind durch spanische Reiter gedeckt. Die Kavallerie ist vor Infanteriekarrees aufgestellt, die von spanischen Reitern umgeben sind. Sie soll sich, falls sie von unsrer Kavallerie attackiert wird, zurückziehen, wenn aber der Angreifer durch das Infanteriefeuer erschüttert ist und zurückweicht, sich dann ihrerseits auf ihn werfen. Da man jedoch alle Dispositionen des Feindes wohl erwägen und ausnutzen muß, so sind seine spanischen Reiter von großem Vorteil für uns; denn das Vorrücken seiner Schlachtlinie muß unendliche Mühe machen. Folgendes schlage ich zum Angriff dieser Armee vor.

Das Gelände kommt nicht in Frage. Ob man rechts oder links angreist, ist einerlei, je nachdem das Gelände größere Vorteile bietet. Meine Disposition ist, von rechts anzugreifen. Auf 600 Schritt vom Feinde zieht sich meine Infanterie durch die Kavallerie hindurch. Ich lasse eine Kolonne von 2 Bataillonen nebst 4 Geschützen auf dem Flügel und die 8 andern Bataillone, jedes zu zwei Treffen aufmarschiert und mit viel Geschütz dazwischen, vor der Kavallerie. Die feindliche Kavallerie wird so sehr unter dem Geschütz- und Gewehrfeuer meiner Infanterie leiden, daß sie nur die Wahl hat, zu attackieren oder zu fliehen. Attackiert sie meine Infanterie, so bin ich nicht in Verlegenheit. Einerseits wird diese sich durch ihr Feuer verteidigen, und andrerseits ist meine Kavallerie bei der Hand, um sie zu unterstützen. Ich habe 10 Bataillone, von denen das linke Flügelbataillon des zweiten Treffens im Fall eines feindlichen Angriffs stets die Flanke decken kann. Viel wahrscheinlicher aber ist es, daß die Kavallerie den Befehl ausführen wird, sich hinter ihre Infanteriekarrees zurückzuziehen. In diesem Falle muß das letzte Karree des Feindes zuerst<99> angegriffen werden, dann das zweite, und inzwischen muß das gesamte Geschütz der vorgeschickten Abteilungen auf die Karrees, sowie auf die dahinterstehende Kavallerie feuern. Sind zwei Karrees genommen, so kann die Kavallerie mit 15 Schwadronen angreifen, und der ganze Flügel muß ihr folgen. Ist die feindliche Kavallerie geworfen, so muß unser zweites Kavallerietreffen abschwenken und die feindliche Schlachtlinie im Rücken fassen, während mein rechter Infanterieflügel das Korps aufnimmt, das die Karrees durchbrochen hat, dann die feindliche Infanterie umgeht und ihr in die Flanke fällt.

Plan 6

Der Feind kann mich an der Ausführung dieser Bewegungen nicht hindern; denn er ist durch seine spanischen Reiter behindert und kann nicht in einem Augenblick eine Viertelschwenkung mit seiner ganzen Armee machen, ganz abgesehen davon, daß das Gelände uns vielleicht vorteilhafte Stellen bietet, die man benutzen könnte, um den Feind noch mehr zu bedrängen und ihn an seine Stellung zu fesseln. Den Offizieren, die diese lebendigen Schanzen99-1 angreifen, muß man aufs sorgfältigste einschärfen, daß sie sich ja nicht vom Kampfeseifer hinreißen lassen, vielmehr geschlossen und in guter Ordnung bleiben, da die feindliche Kavallerie stets bereit sein wird, die geringste falsche Bewegung des Angreifers auszunutzen. Vor allem müssen sie sich hüten, ihre Flanke darzubieten und bataillonsweise zu schießen. Es darf nur zugweise<100> gefeuert werden, und der Angriff auf die Karrees muß ein Handstreich mit aufgepflanztem Bajonett sein. Vor allem aber darf die Ordnung nicht verloren gehen, nachdem die Karrees zersprengt sind. Die feindliche Kavallerie muß kräftig mit Geschütz beschossen werden, um sie sich vom Leibe zu halten, und sobald man sieht, daß dies Erfolg hat, müssen die Bataillone des zweiten Treffens gleich Kolonnen formieren. Inzwischen muß die Kavallerie sich dem ersten Treffen nähern, und dieses darf nicht eher Kolonnen formieren, als bis die Kavallerie dicht hinter ihr ist. Dann muß die Kavallerie ungestüm attackieren; dabei aber müssen besonders die linken Flügelregimenter sich in acht nehmen, daß sie von den feindlichen Regimentern, die dem Mitteltreffen am nächsten stehen, nicht in der Flanke gefaßt werden.

Das ist, glaube ich, das Beste, was man sich ausdenken könnte. Indes leugne ich nicht, daß die Aufgabe schwierig ist, aber mir fällt nichts Besseres und Sichereres ein als das Vorgeschlagene; denn ich kann einer derart aufgestellten Armee nur bei-kommen, wenn ich einen der Endpunkte ihrer Schlachtfront angreife, meine Infanterie stets durch Kavallerie unterstütze und so viel Artillerie verwende, als Gelände und Umstände irgend gestatten. Ich leugne nicht, daß der Feind, wenn er mich zum Angriff entschlossen sieht, alles versuchen wird, um seine Flanke zu verlängern. Um aber zu verhindern, daß er seine Artillerie vom Flügel seines Mitteltreffens auf meinen Angriff richtet, muß ihr eine Batterie entgegengestellt werden, die sie in Schach hält oder doch wenigstens ihr Feuer von meinem Angriff ablenkt.

Nach meiner Ansicht beruht die ganze Kriegskunst darauf, die Dispositionen des Feindes durch Ablenkungen zu stören, die ihn nötigen, seine Pläne fallen zu lassen. Kann man ihn zur Änderung seiner Disposition zwingen, so ist die Schlacht schon halb als gewonnen zu betrachten; denn seine Stärke beruht auf seiner einmal getroffenen Anordnung, und die geringste Truppenverschiebung, zu der ich ihn zwinge, zerreißt den Zusammenhang und wirft damit seine Dispositionen über den Haufen.

Aus Plan 7 ersieht man, daß die Stellung des Feindes äußerst stark ist und daß der einzige Angriffspunkt dort liegt, wo er seine spanischen Reiter angebracht hat. Angenommen jedoch, er müßte unbedingt angegriffen werden, so läuft das Ganze klipp und klar auf einen Stellungskampf heraus. Mein Plan ist folgender. Wie man sieht, formiere ich ein einziges Infanterietreffen und gegenüber der Stelle, die ich angreifen will, ein Vortreffen in zwei Linien. Rechts und links davon stelle ich je 2 einzelne Bataillone auf, die dazu bestimmt sind, die beiden Schanzen auf den beiden Flanken der Angriffsftont anzugreifen oder zu maskieren, während meine beiden Mörserbatterien diese Schanzen ununterbrochen bombardieren, um den Sturm zu erleichtern. Die Infanterie soll im Vorrücken gegen die feindliche Stellung ihre Geschütze kräftig feuern lassen. Sie soll im Geschwindschritt vorrücken und nicht eher schießen, als bis sie an den spanischen Reitern angelangt ist. Gelingt es ihr, die feindliche Infanterie zu vertreiben, so soll sie sich der spanischen Reiter be<101>mächtigen und sich dort behaupten, bis die Kavallerie heran ist. Dann setzt sie sich in Kolonnen und läßt die Kavallerie zur Attacke durch. Ein solcher Durchbruch innerhalb der Stellung zwingt den Feind zum Verlassen der gesamten Front. Dann könnt Ihr mit Eurer ganzen Armee eindringen und alsdann je nach den Umständen handeln. Nur kann man meiner Ansicht nach nicht genug Kraft und Nachdruck in den Augenblicken aufbieten, wo der Feind zu wanken beginnt, um ihn vollends in die Flucht zu schlagen.

Plan 7

Aus diesen verschiedenen Gefechtsdispositionen ersieht man, wie sehr sie sich unter dem Zwang der Verhältnisse ändern müssen und daß ein Hügel oder ein Sumpf nicht übersehen werden darf, wenn man ihn nur irgend benutzen kann. Die Hauptsache ist, stets eine Waffe durch die andre zu unterstützen, die Kavallerie durch Infanterie und Geschütz zu verstärken und stets Kavallerie zur Unterstützung der Infanterie bei der Hand zu haben. Ich darf nicht vergessen, daß in allen Fällen, wo es nur zu Teilgefechten kommt, die Reserve dorthin rücken muß, sei es nach rechts oder nach links; denn im Fall des Mißlingens kann die Reserve das Gefecht wiederherstellen und Euch den Sieg bringen. Man sieht also deutlich, daß die Hauptkunst des Heerführers in der rechten Erkenntnis des Geländes besteht, in der Ausnutzung aller Vorteile, die es bietet, in der Anpassung der Dispositionen an jeden besonderen<102> Fall. Gerade bei solchen Stellungskämpfen muß sich Eure Disposition, wenn sie gut sein soll, nach der des Feindes und nach dem Gelände richten, auf dem man kämpfen will.

Ich hoffe, diese kleinen Geländeskizzen mit den darin eingezeichneten Armeen werden eine Anleitung dazu geben, wie man nach dem Gelände, das man so genau prüfen muß, als die kritischen Augenblicke es erlauben, und nach der Schlachtaufstellung einer feindlichen Armee erkennt, welche Anordnungen der Gegner für den Kampf gegeben hat. Nach dieser Erkenntnis muß der Angreifer seine eignen Dispositionen regeln.

Plan 8


91-1 Die vom König selbst gezeichneten Pläne sind im folgenden mit den französischen Beischriften wiedergegeben.

91-2 Vgl. S. 65.

92-1 Vgl. S. 123.

92-2 D. h. wenn der Angriff stockt und durch frische Truppen wieder in Fluß gebracht werden muß.

92-3 Vgl. S. 70.

99-1 Die Karrees.