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III. Instruktion für die Generalmajore der Kavallerie
(16. März 1759)

Obgleich die Generalmajore der Kavallerie schon eine Instruktion311-1 haben, halte ich es doch für gut, einiges hinzuzufügen, damit sie sich für den bevorstehenden Feldzug ins Gedächtnis rufen, was ich von ihnen verlange.

Haben die Generalmajore der Kavallerie im Lager den Tagesdienst, so sollen sie darauf sehen, daß die Lagerwachen bei Tagesanbruch abgelöst werden und daß die Patrouillen von einer Feldwache zur andern richtig gehen, daß des Morgens regelmäßig patrouilliert wird und daß die Tagesposten keinen Pferdeknecht der Armee außerhalb der Postenkette grasen lassen. Sie müssen ihre Posten von Zeit zu Zeit inspizieren und dafür sorgen, daß sie wachsam sind, besonders bei Nacht. Im Lager müssen sie darauf halten, daß alle an die Brigaden erteilten Befehle pünktlich ausgeführt werden, daß die Kavallerie nicht zur Tränke reitet, ohne daß Offiziere mitkommen, daß kein Offizier ins Lazarett geht, wenn er nicht wirklich krank ist, daß kein Regiment Zelte in der Kompagniegasse aufschlägt, wie es das Regiment Kyau bei Görlitz tat. Finde ich dergleichen, so werde ich mich nicht an die Regimentskommandeure, sondern an die Brigadegenerale halten und sie dafür verantwortlich machen.

Bei Fouragierungen in der Nähe des Feindes müssen sie streng darauf halten, daß nicht geplündert wird. Die Leute sollen Fourage machen, aber keine Enten und Gänse in ihre Bunde stecken. Darum soll jeder Kommandeur die Bunde in seiner Gegenwart aufbinden lassen und die Leute, die geplündert haben, streng bestrafen.

Auf den Märschen müssen sie darauf halten, daß die Pferde in flottem Schritt gehen und nicht kriechen, wie es bei den Regimentern Brauch ist, und daß alles dicht aufeinander bleibt, Schwadron an Schwadron, Regiment an Regiment, Brigade an Brigade. Sind Defileen zu passieren, so müssen die Generale dafür sorgen, daß die Brigaden schnell hindurchrücken und daß keine Zänkereien unter den Regimentern entstehen, sondern daß alles so rasch wie möglich geschieht. Nachzügler dürfen nicht geduldet werden. Kein Mann darf aus Reih und Glied reiten, noch sich gar in den Dörfern antreffen lassen.<312> Kavallerie

Sind sie bei der Avantgarde, so müssen sie die Husaren unterstützen. In solchen Fällen müssen sie, wie ich oft betont habe, große Abstände nehmen, den Husaren die Flanken decken, wenn nötig, 300 Schritt hinter ihnen bleiben und, wenn diese zurückgeworfen werden, mit ein, zwei oder drei Schwadronen vorrücken und den Feind verjagen. Vor allem muß man auf die Flügel gut achtgeben und sie decken.

Bei der Arrieregarde muß ebenso verfahren werden, ohne daß man sich mit dem Feinde zu oft einläßt und ohne daß der Rückzug dadurch unterbrochen wird. Hier kommt es auf möglichst rasches Passieren der Defileen an, wenn nötig im Trabe. Jedenfalls muß man auf der andren Seite gleich wieder aufmarschieren und dabei weiterrücken. Auch in der Ebene kann man ebenso verfahren. Ist der Feind zu keck, so muß man ihn zurücktreiben, ohne jedoch alle Truppen einzusetzen. Die Generale müssen immer ein paar Schwadronen in Reserve halten, und wäre es nur eine einzige. Gehölzen dürfen sie nicht zu nahe kommen, da diese von Panduren und andren feindlichen Truppen besetzt sein können. Stoßen sie aber auf feindliche Kavallerie, die nicht von Infanterie unterstützt wird, so werden sie leicht mit ihr fettig werden. Stets sollen sie ihre Leute zusammenhalten und das Auseinanderschwärmen verhindern. Bei der Verfolgung selbst müssen sie stets einen Unterstützungstrupp haben, auf den sich die andren zurückziehen können.

Bei den Schlachten ist zwischen Infanterie und Kavalleriegefechten zu unterscheiden. Infanteriegefechte sind die Angriffe auf Dörfer, Berge und feste Stellungen. Dabei kann man die Kavallerie nicht flügelweise, sondern nur treffenweist verwenden. Daher wird die Kavallerie insgemein ins dritte Treffen gestellt und darf erst eingesetzt werden, wenn die Infanterie schon einen Teil der feindlichen Stellung durchbrochen hat. Dann kann man ein bis zwei Kavallerieregimenter vorgehen lassen. In solchen Fällen muß der General seine Brigade rasch gegen die Stelle führen, wo er einbrechen soll, und in Schwadronskolonnen attackieren312-1, um die Verwirrung des Feindes auszunutzen, wie es bei Roßbach die Regimenter Gardes du Corps, Gensdarmes und Seydlitz, bei Zorndorf der Kavallerieflügel des Generals Seydlitz und bei Hochkirch das Regiment Gensdarmes312-2 machten. In solchem Fall ist es einerlei, ob die Leute auseinanderkommen. Die Generale haben nur darauf zu achten, daß sie, wenn der Feind geschlossene Kavallerie hinter der Infanterie hat, nicht zu weit von ihrer eignen Infanterie abkommen. Denn in dem Maße, wie unsre Infanterie die feindliche aus dem Felde schlägt, verfolgt und völlig auseinandersprengt, exponieren sie sich, wenn sie ihr zu weit nachfolgen. Dabei ist vielerlei zu berücksichtigen. Sehen sie z. B. neben der zersprengten Infanterie noch geschlossene Infanterie stehen, so sollen sie diese dreist angreifen, wenn sie ihr in den Rücken fallen können. Das sind immer die sichersten Attacken für die Kavallerie; denn sie setzt<313> dabei nichts aufs Spiel. Dergleichen muß aber mit der größten Geschwindigkeit geschehen, damit der Feind gar keine Zeit hat, den Stoß zu parieren.

Bei Schlachten in der Ebene, wo die Kavallerie in Schlachtordnung aufgestellt ist, muß jeder Generalmajor vor seiner Brigade bleiben. Nur die Generalleutnants, denen ich das verboten habe, dürfen nicht mitattackieren, da sie bei einreißender Unordnung eingreifen und dafür sorgen müssen, daß das zweite Treffen die Attacken erforderlichenfalls unterstützt.

Bei solchen Attacken ist die Hauptsache, daß die Flügel gut angelehnt sind, daß das zweite Treffen das erste im Auge behält, daß die Regimenter stets geschlossen bleiben und daß die Karriere immer stärker wird, je näher man dem Feinde kommt. Dann entsteht gar kein Durcheinander. Ist der Feind geworfen, so müssen sie auf ihre Flankensicherung achten, insbesondere beim zweiten Treffen.

Im übrigen haben die Generale dafür zu sorgen, daß die Pferde ihrer Brigaden gut gepflegt werden, und die Offiziere und alles andere in guter Ordnung zu halten. Wenn einer etwas versieht, so müssen sie ihn in Arrest setzen und streng bestrafen. Ein Offizier, der es an Mut fehlen läßt, muß fortgejagt werden.

Da die Regimenter in diesem Jahre im besten Stande sind, so müssen sie im nächsten Feldzuge alles daransetzen, um sich ebenso gute Reputation zu erwerben wie im letzten Jahre.


311-1 Vgl. S. 306 ff.

312-1 Vgl. S. 176. 249.

312-2 Vgl. Bd. III, S. 99. 138. 144.