<201>halten und vom Freunde wünschen, er solle nur noch genau nach ihrer Weise denken, sich regen und atmen. So lächerlich solche Anmaßung wäre, so gewiß würde ich doch andrerseits eine Schuld auf mich laden, wenn ich es versäumte, Ihnen das zu sagen, was all Ihre Diener und Untertanen zu sagen sich nicht unterfangen werden, ja was sie um ihres persönlichen Vorteils willen vielleicht nicht einmal sagen wollen.

Es ist gewiß, daß jedermann die Augen auf das erste Hervortreten eines Mannes richtet. der ein hohes Amt auf sich nimmt; und gemeiniglich bestimmen gerade die ersten Handlungen das Urteil der Öffentlichkeit. Legen Sie zuvörderst den Grund zu allgemeiner Achtung, so werden Sie das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnen, wonach meines Erachtens ein Fürst vor allem trachten sollte.

Überall werden Sie Personen finden, die Ihnen schmeicheln und nur beflissen sind, Ihr Vertrauen zu erwerben, um Ihre Gunst zu mißbrauchen und Sie selbst zu beherrschen. Sie werden auch, hauptsächlich unter den Verwaltungsbeamten, noch eine andere Art Leute finden; die sind gesonnen, Ihnen die Kenntnis der Geschäfte sorgsam vorzuenthalten, um sie nach eigenem Gefallen zu leiten. Um Sie von der Arbeit abzuschrecken, werden sie dafür sorgen, daß die leichtesten Dinge Ihnen Schwierigkeiten bereiten. In ihnen allen werden Sie die wohlüberlegte Absicht finden, Sie dauernd unter Vormundschaft zu halten und zwar unter Wahrung der schönsten Formen, auf eine Weise, die für Sie noch höchst schmeichelhaft zu sein scheint.

Sie werden fragen: was soll ich dagegen tun? Sie müssen sich mit allen Finanzangelegenheiten vertraut machen, einen Sekretär aussuchen, der als kleiner oder mittlerer Beamter in dem Fach gearbeitet hat, und müssen ihm gute Belohnung dafür versprechen, daß er Sie in allem, was Sie berührt, unterweise. Die Finanzen sind der Nerv des Landes; wissen Sie darüber genau Bescheid, so werden Sie mit dem übrigen jederzeit fertig werden.

An vielen Höfen Deutschlands habe ich eine Unsitte wahrgenommen: die Minister der Fürsten führten den Titel „Kaiserlicher Minister“, und das sicherte ihnen Straft losigkeit zu. Sie werden selber fühlen, wie nachteilig es für Sie sein würde, wenn Sie das duldeten.

Ich muß Sie ferner vorbereiten, daß Sie in der Verwaltung zwei Räte antreffen werden, vor denen Sie auf der Hut sein mögen: der eine heißt Bilfinger, der andere Hardenberg1. Nun ist es Ihre Sache, sie zu prüfen und zuzusehen, wieweit Sie ihnen trauen können.

Seien Sie fest in Ihren Entschließungen! Erwägen Sie zuvor das Für und Wider; sobald Sie aber Ihren Willen einmal kundgegeben haben, ändern Sie um alles in der Welt nichts mehr daran! Sonst wird ein jeder Ihrer Autorität spotten, und Sie würden für einen Mann gehalten werden, auf den man nicht bauen kann.


1 Der Philosoph und Konsistorialpräsident Georg Bernhard Bilfinger († 1750) und der Minister Friedrich August von Hardenberg († 1768).