<215> auf größte Ordnung in den Geschäften halten. Ein zweiter Grund ist ebenso wichtig. Gibt der König das Beispiel der Verschwendung, so wollen seine Untertanen es ihm nachtun und richten sich bei ihrer Armut zugrunde. Zur Erhaltung der guten Sitten ist es vor allem notwendig, daß einzig und allein das Verdienst und nicht der Wohlstand ausgezeichnet wird. In Frankreich hat die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes die Sitten der Nation verdorben. Früher kannte sie nur den Weg der Ehre, um Ruhm zu erwerben. Jetzt glaubt sie, um zu Ehren zu kommen, brauche man nur reich zu sein.
Jeder Krieg ist ein Abgrund, der Menschen verschlingt. Man muß also auf eine möglichst hohe Bevölkerungszahl sehen. Daraus entspringt noch der weitere Vorteil, daß die Felder besser bebaut und die Besitzer wohlhabender werden.
Ich glaube nicht, daß Preußen sich je zur Bildung einer Kriegsmarine entschließen darf1. Die Gründe sind folgende. Mehrere Staaten Europas haben große Flotten: England, Frankreich, Spanien, Dänemark und Rußland. Ihnen werden wir niemals gleichkommen können. Da wir also mit wenigen Schiffen immer hinter den anderen Nationen zurückbleiben würden, so wäre die Ausgabe unnütz. Hinzu kommt, daß wir, um die Kosten für eine Flotte aufzubringen, Landtruppen entlassen müßten, da Preußen nicht volkreich genug ist, um Mannschaften für das Landheer und Matrosen für die Schiffe zu stellen. Außerdem führen Seeschlachten nur selten eine Entscheidung herbei. Daraus ziehe ich den Schluß, daß man besser tut, das erste Landheer in Europa zu halten als die schlechteste Flotte unter den Seemächten.
Die Politik soll möglichst weit in die Zukunft blicken. Man muß sich über die europäische Lage ein UrteU bilden und danach seine Bündnisse schließen oder die Pläne seiner Feinde durchkreuzen. Man glaube nicht, daß die Staatskunst imstande sei, Ereignisse herbeizuführen. Sobald aber Ereignisse eintreten, muß sie sie ergreifen und ausnutzen. Deshalb muß auch Ordnung in den Finanzen herrschen und Geld vorrätig sein, damit die Regierung zu handeln bereit ist, sobald die Staatsraison es gebietet.
Der Krieg selbst muß nach den Grundsätzen der Politik geführt werden, um seinen Feinden die blutigsten Schlage zu versetzen. Derart verfuhr Prinz Eugen, der sich durch den Marsch und die Schlacht bei Turin2, durch die Schlachten von Höchstädt und Belgrad3 einen unsterblichen Namen gemacht hat. Nicht alle großen Feldzugspläne gelingen. Sind sie aber groß angelegt, so erwachsen stets größere Vorteile aus ihnen als aus kleinen Entwürfen, die sich auf die Wegnahme eines Grenznestes beschränken. So lieferte der Marschall von Sachsen die Schlacht bei Rocoux4 nur, um im folgenden Winter sein Unternehmen auf Brüssel ausführen zu können, und das gelang ihm.
Nach allem Gesagten ist es klar, wie eng Politik, Heerwesen und Finanzen zusammenhängen. Man darf sie deshalb nie trennen und muß sie wie ein Dreigespann
1 Vgl. S. 185.
2 7. September 1706.
3 13. August 1704 und 16. August 1717.
4 11. Oktober 1746.