<55> als Schlachtfelder, Verschanzungen, Belagerung von festen Plätzen, Schlachtordnungen, Angriffe, Stellungen und Befestigungen. Ein Wunder nur, daß der Verfasser nicht darauf verfällt, ihn mit Suppen in Gestalt von Außengräben, Pasteten in Bombenform und Torten in Form von Bastionen füttern zu lassen, und daß er ihn nicht wider Windmühlen, Schafherden und Strauße anrennen läßt, wie der liebenswürdige Phantast Miguel Cervantes.
Solche Entgleisungen gibt's, sobald man sich von der Mittelstraße der Besonnenheit verliert, die auf sittlichem Gebiete das gleiche bedeutet wie in der Mechanik der Schwerpunkt.
Ein Fürst erfüllt nur die eine Hälfte seiner Bestimmung, wenn er sich bloß dem Kriegshandwerk widmet; es ist geradezu verkehrt, daß er nichts als Soldat sein soll. Man erinnere sich meiner Ausführungen über den Ursprung der Fürsten im ersten Kapitel dieses Buches: Fürsten sind in erster Ltnie Richter; sind sie Feldherren, so sind sie's im Nebenamt. Machiavell gleicht den Göttern Homers, die stark, wehrhaft und machtvoll sind, niemals aber gerecht und billig. Nicht einmal das Abc der Gerechtigkeit kennt er, nur Selbstsucht und Gewalt.
Die Gedanken unseres Verfassers kriechen alle am Boden, sein beschränktes Vorstellungsvermögen umfaßt nur Rücksichten, wie sie den Machtbedürfnissen kleiner Fürsten entsprechen. Nichts Kümmerlicheres zum Beispiel als seine Gründe, mit denen er den Fürsten das Weidwerk ans Herz legt: sie würden auf diese Weise die Bodenbeschaffenheit und die gangbaren Straßen ihres Landes kennen lernen! Man denke sich einen König von Frankreich oder einen Kaiser solchermaßen um die Geländekenntnis innerhalb ihrer Staaten bemüht: sie brauchten ebensoviel Zeit, mit ihren Jagden herumzukommen, wie der Ablauf eines Sonnenjahres beträgt.
Man gestatte mir hier, bei einer Abschweifung auf das Weidwerk etwas zu verwetten; die Sache verdient es vielleicht, ist doch diese Kurzweil fast beim ganzen Adel und Hochadel und bei den Königen Gegenstand leidenschaftlicher Beliebtheit. Die meisten Könige und Fürsien bringen dreiviertel ihrer Lebenszeit damit zu, die Wälder zu durchstreifen, das Wild zu Hetzen und zu erlegen. Sollte dieses Buch in ihre Hände fallen, obwohl ich nicht eingebildet genug bin, ihnen zugunsten meiner Schriftsiellerei ein Opfer an ihrer Zeit zuzumuten, die dem Wohle der Menschheit gehört, dann bitte ich sie, meiner Wahrheitsliebe zugute halten zu wollen, wenn meine Ansichten vielleicht den ihrigen zuwiderlaufen. Schmeichlerische Lobreden zu verfassen isi nicht meine Sache, meine Feder ist nicht käuflich; meine Absicht bei diesem Werke ist allein, mir selbst Befriedigung zu verschaffen, indem ich mit aller denkbaren Freiheit die Wahrheiten, von denen ich überzeugt bin, oder Dinge, die mir vernünftig erscheinen, ausspreche. Isi nach alledem ein Leser von so verderbtem Geschmack, daß er die Wahrheit nicht liebt oder nicht verträgt, was seiner Denkweise widerstreitet, so braucht er ja mein Buch nur in die Ecke zu werfen; niemand wird ihn zum Lesen zwingen.