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Ich kehre zu meinem Gegenstand zurück. Das Weidwerk ist einer jener sinnlichen Genüsse, die dem Leibe stark zu schaffen machen, dem Geiste aber nichts geben: eine Leibesübung und Gewandtheit im Morden des Wildes, eine fortgesetzte Zerstreuung, ein geräuschvolles Vergnügen, das die innere Leere ausfüllt, die Seele aber für jeden anderen Gedanken unempfänglich macht; ein brennendes Verlangen, irgendein Stück Rotwild zu Hetzen, und dann die grausame und blutige Genugtuung, es zur Strecke zu bringen; mit einem Wort, ein Vergnügen, das den Leib stählt, den Geist brach und ungepflegt läßt. Die Jäger werden mir sicherlich vorwerfen, ich nähme die Dinge zu streng, spielte den gar zu unerbittlichen Kritiker und befände mich in der angenehmen Lage des Kanzelredners, der mit seinem Vorrecht, allein in der Gemeinde das Wort zu führen, leichtlich darauf losreden dürfe, ohne Widerspruch befürchten zu müssen; nun, ich verzichte gern auf diesen Vorteil und will in aller Ehrlichkeit die Scheingründe, die die Liebhaber des Weidwerks vorbringen, erörtern. Da heißt's zuerst, die Jagd ist das edelste und älteste Vergnügen der Menschen; die Patriarchen und viele von den großen Männern sind Jäger gewesen; in der Jagd bewähren die Menschen immer noch jene Herrenmacht über die Tiere, die Gott selbst einst Adam verliehen hat. Meinetwegen mag immer die Jagd so alt sein wie die Welt, aber was alt ist, ist doch darum nicht besser. Und wenn große Männer die Jagd geliebt haben, gut, sie hatten eben auch ihre Fehler und Schwächen: so wollen wir uns doch an das halten, was groß an ihnen war, und nicht ihre Mängel nachahmen. Die Patriarchen haben auch gejagt — sie haben auch ihre Schwestern geheiratet, die Vielweiberei war zu ihrer Zeit auch tm Schwang! Die guten Patriarchen und unsere teuren Voreltern rochen eben noch gehörig nach der Barbarei, darin sie staken: es waren grobschlächtige, unwissende Gesellen, Tagediebe, die nicht wußten, wohin mit der vielen, vielen Zeit: um sie totzuschlagen, führten sie ihre Langeweile auf die Jagd, verbrachten in den Wäldern, auf der Wildhatz die Stunden, die sie in Ermangelung geistiger Fähigkeiten nicht im Kreise gescheiter Menschen zuzubringen wußten. Ja, sind das nun nachahmenswerte Muster, soll die Ungeschlachtheit Lehrmeisterin der Lebensart sein? Oder sollen nicht vielmehr aufgeklärte Jahrhunderte anderen zum VorbUde dienen?

Ob Adam die Herrschaft über die Tierwelt empfing oder nicht, ist nicht meine Sorge. Ich weiß nur, daß wir, grausamer und wilder als die Tiere selbst, diese angemaßte Herrschaft recht tyrannisch ausüben. Höchstens dürfte uns doch unsere über-legene Vernunft ein Übergewicht über die Tiere geben; nun, das Hirn derer, die mit Leib und Seele der Jagd ergeben sind, ist meist nur mit Pferden, Hunden und sonstigem Getier ausgefüllt; sie sind meist ungeschliffene Leute und sind ihrer Leidenschaft gewöhnlich mit Haut und Haaren verfallen, was nicht ganz ungefährlich ist, da es naheliegt, daß sie ihre Unempfindlichkeit, die sie beim Tiere an den Tag legen, auch gegen den Menschen erweisen, zum mindesten, daß ihre grausame Gewöhnung, kalten Bluts das Leiden der Kreatur anzusehn, ihr Mitgefühl mit dem