<58>mögen, dem Umgang mit Dummköpfen vorzögen, von denen sie nur Roheit und ungesittetes Gebaren lernen können. Denn wer seinen Geist auf die Höhe bewußter Denktätigkeit eingestellt hat, wie hoch sieht er über denen, die ihre Vernunft der Oberherrschaft der Sinne unterwerfen! Die Tugend des Maßhaltens, eine notwendige Fürsientugend, sucht man beim Jäger vergebens; das allein genügt eigentlich, die Jagd zu einer verwerflichen Sache zu machen.
Um auch allen anderen noch möglichen Einwürfen zu begegnen und auf Machiavell zurückzukommen, muß ich wohl noch bemerken: für einen Feldherrn von Bedeutung ist das Weidwerk durchaus nicht unerläßlich! Gustav Adolf, Lord Marlborough, Prinz Eugen sind allesamt keine Jäger gewesen, und ihnen wird man den Namen hervorragender Männer und fähiger Heerführer wohl nicht absprechen! Will einer gescheite und zuverlässige Beobachtungen über Geländebeschaffenheit anstellen und strategische Erwägungen darüber, so gelingt ihm das viel leichter auf einsamer Streife ohne die Störung durch Feldhühner, Hühnerhunde, Hirsche, die Unruhe einer Meute und das wilde Toben der Jagd. Ein namhafter Fürst, der mit den Kaiserlichen den zweiten Feldzug in Ungarn mitmachte1. wäre um ein Haar in die Hände der Türken gefallen, weil er sich auf der Jagd verirrt hatte. Im Heere sollte das Jagen geradezu verboten sein, es hat schon zuviel Unordnung auf den Märschen veranlaßt. Wie viele Offiziere, anstatt bei der Truppe zu bleiben, haben sich schon pflichtwidrig von ihrem Posten entfernt; ganze Abteilungen gerieten aus ähnlichen Ursachen in Gefahr, vom Feinde überrumpelt und aufgerieben zu werden.
Ich komme demnach zu dem Schluß: es ist zwar verzeihlich, wenn ein Fürst auf die Jagd geht, vorausgesetzt, daß es nur selten und zur Erholung von seiner ernsten und manchmal sorgenvollen Tätigkeit geschieht. Eigentlich ist aber die Jagd nur für Leute da, denen sie ihren Beruf, das Mittel ihres Fortkommens bedeutet; sonst sind vernunftbegabte Menschen zum Denken und zum Handeln auf der Welt, und ihr Dasein ist zu kurz bemessen, als daß sie seine kostbaren Augenblicke so sträflich vergeuden dürften.
Oben sagte ich, die erste Fürstenpfiicht sei, des Rechtes zu walten. Die zweite, füge ich hier zu, die gleich hinter jener kommt, besieht im Schutz und der Verteidigung des Staates. Die Herrscher sind verpflichtet, Zucht und Ordnung in den Truppen aufrechtzuerhalten. Für ihre Person liegt ihnen ob, ein ernstes Studium an das Kriegshandwerk zu wenden, denn sie sollen sich auf die Heerführung verstehen; sie sollen imstande sein, Feldstrapazen zu ertragen; sollen wissen, wo und wie man ein Lager anlegt, überall für reichliche Verpflegung sorgen, kluge und gute Dispositionen treffen. Von ihnen verlangt man schnelle und richtige Entschlüsse; in schwierigen Lagen soll ihr Kopf Auskunft und Hilfsmittel bereit haben; aus dem Glück
1 Großherzog Franz Stephan von Toskana geriet auf der Jagd bei Kolar in Serbien 1737 beinahe in türkische Gefangenschaft.