<76>sam, betrügerisch, verräterisch zu sein, an einen Fürsten, dessen Thron fest sieht, so macht er aus ihm einen Schurken, ohne daß die Sache einen rechten Zweck hat; gedenkt er einen, der erst emporkommt, mit all diesen Lastern auszustatten, zur Befestigung seines Thronraubes, so wird er mit solchen Ratschlägen Herrscher und Freistaaten insgesamt gleichermaßen gegen sich in Harnisch bringen. Denn durch welche Mittel vermag wohl ein Bürger sich zur Herrschaft aufzuschwingen, es sei denn, er stürze einen souveränen Fürsten oder er reiße in einer Republik die Gewalt an sich. Damit also wird er sicherlich bei den Fürsten kein Glück haben! Hätte Machiavell eine Sammlung von Gaunereien als Leitfaden für Straßenräuber verfaßt, weniger Ehre hätte er auch damit sich nicht holen können.
Doch ich wollte ja auf einige verkehrte Betrachtungen und Widersprüche in diesem Kapitel eingehen. Ein Fürst macht sich, nach Machiavell, außer durch rechtswidrige Beraubung seiner Untertanen, durch Angriffe wider die Tugend ihrer Frauen verhaßt. Sicherlich, ein habgieriger Fürst, der kein Recht scheut, der mit grausamer Gewalttätigkeit vorgeht, wird sich seinen Vollem aufs tiefste verhaßt machen, das kann garnicht anders sein; anders sieht das mit den fürstlichen Liebschaften. Julius Cäsar, den man zu Rom den Gatten von allen Frauen und die Frau von allen Gatten nannte, Ludwig XIV., der ein großer Frauenliebhaber war, August II. von Polen, der mit seinen Untertanen ihre Weiber teilte, diese Fürsten waren um ihrer Liebschaften willen durchaus nicht verhaßt; wenn Cäsar ermordet ward, wenn die römische Freiheit ihren Dolch in sein Herz grub, so geschah's, weil er die Alleinherrschaft sich angemaßt, nicht weil er ein Frauenjäger war.
Hält man mir die Vertreibung der römischen Könige entgegen im Anschluß an die Vergewaltigung der Lucretia, so erwidere ich: Nicht die Liebe des jungen Tarquinius zur Lucretia gab das Zeichen zur Erhebung Roms, sondern die Gewalt, die er gebraucht hatte, die im Volke die Erinnerung an frühere von den Tarquiniern verübte Gewaltsireiche wachrief, sodaß es ihnen nunmehr mit dem Gedanken der Rache ernst ward.
Damit will ich nicht etwa dem buhlerischen Treiben der Fürsten das Wort reden, es mag immerhin sittlich verwerflich sein; hier kommt mir's nur darauf an, zu zeigen, daß dadurch noch lein Herrscher Haß auf sich geladen hat. Verliebtheit läßt man bei guten Fürsten als eine Schwäche gelten, wie etwa Leute von Geist unter den Werken Newtons den Kommentar zur Apokalypse betrachten.
Doch das, scheint mir, gibt zu denken, daß unser Doktor, der den Leuten Enthaltsamkeit in der Liebe predigt, Florentiner gewesen. Sollte Machiavell zu all seinen sonstigen edlen Eigenschaften auch noch die besessen haben, daß er Jesuit gewesen?
Nun zu seinen Ratschlägen, wie's die Fürsten anstellen sollen, um sich nicht verächtlich zu machen. Sie sollen nicht launisch und nicht schwankend, nicht feige, weibisch und unentschlossen sein. Sehr richtig; doch er rät weiter, sie sollten ständig auf den Schein der Größe, des Ernstes, des Muts und der Festigkeit halten. Mut —schön;