<79> zahlen, gab er sich nicht zum Schirmherrn für dessen Bedrückungen und zum Werkzeug seiner Gewalttaten her. So wurden denn die guten Kaiser von den Soldaten, die schlechten auf dem Wege der Verschwörung und auf Senatsgebot ums Leben gebracht. Dazu kommt die Leichtigkeit, mit der einer damals von heut auf morgen auf den Thron gelangte: auch das beschleunigte wesentlich die Häufigkeit des Wechsels; Kaisermord war eben in Rom an der Tagesordnung, wie's heut noch in einigen Gegenden von Amerika Brauch ist, daß die Söhne ihre Väter umbringen, wenn sie ihnen zu alt werden. Das ist die Macht des Hergebrachten über den Menschen, vor ihm müssen gegebenenfalls selbst die natürlichsten Regungen verstummen.
Folgende Bemerkung über das Leben des Pertinax will sich nur schlecht mit des Verfassers Lehren im Anfang dieses Kapitels reimen: „Will ein Herrscher unbedingt seine Krone behaupten, so kann er unmöglich in jedem Fall die Grenzen der Gerechtigkeit und Güte innehalten.“ Ich glaube gezeigt zu haben, wie in jenen unseligen Zeiten das Verbrechen ebensowenig wie die Herzensgüte einen Kaiser vor Meuchelmord sichern konnte. Commodus, in allen Stücken der unwürdige Nachfolger des Mark Aurel, zog sich die Verachtung des Volkes wie der Soldaten zu und ward ermordet. Von Severus nachher, am Schluß des Kapitels. Nun zu Caracalla: er konnte sich nur durch seine Grausamkeit erhalten und vergeudete die von seinem Vater aufgehäuften Geldmittel an seine Soldaten, um seine Mordschuld an seinem Bruder Geta in Vergessenheit zu bringen. Stillschweigend übergehe ich Macrinus und Helioga-balus, sie wurden beide getötet und sind keiner Beachtung bei der Nachwelt wert. Gute Eigenschaften besaß ihr Nachfolger Alexander; Machiavell vermeint, er habe sein Leben verloren, weil er ein Weichling gewesen: tatsächlich geschah's nur, weil er den Versuch gewagt, wieder gutzumachen, was die Lässigkeit seiner Vorgänger gründlich an der Heereszucht gesündigt hatte. Kaum hörten die Truppen, die außer Rand und Band waren, daß man ihnen mit Ordnung kommen wolle, als sie sich des Fürsten entledigten. Auf Alexander folgte Maximinus, ein bedeutender Kriegsmann, doch auch er vermochte sich nicht auf dem Throne zu halten. Machiavell führt es auf seine niedrige Herkunft sowie auf seinen überaus grausamen Sinn zurück; das letzte stimmt, doch überschätzt er den Nachteil der niedrigen Geburt; ist man doch gern geneigt, an überragende persönliche Vorzüge zu glauben, wo einer ohne fremde Hilfe, statt der Ahnen nur seinen Eigenwert in die Wagschale werfend, die Höhe gewinnt, ja, ihn darum nur noch höher zu achten, weil er all seinen Glanz nur der eigenen Tüchtigkeit dankt; und oft geschieht's, daß man Menschen von hoher Geburt verachtet, weil ihnen alles Große abgeht, alles, was der Vorstellung von ihrer Vornehmheit entspräche.
Nun zu Severus, der nach Machiavells Ansicht „ein kühner Löwe und zugleich ein schlauer Fuchs“ war. Severus besaß große Eigenschaften; seine Falschheit und Treulosigkeit konnten höchstens bei Machiavell Beifall finden; er wäre im übrigen eine große Herrschernatur gewesen, hätte es ihm nicht an Güte gefehlt. Nebenbei wollen