<87> der Kühnheit eines Unternehmens und in der Schnelligkeit seiner Ausführung. Das ist etwas Großes, zugegeben; doch anerkennenswert vermag ich's nur so weit zu nennen, wie der Eroberer in den Grenzen des Rechts bleibt. „Du rühmst dich der Ausrottung der Räuber“, sagten die skythischen Gesandten zu Alexander, „und dabei bist du selber der größte Räuber auf Erden; hast du doch die Völker, die dir erlagen, insgesamt ausgeraubt und geplündert. Bist du ein Gott, so mußt du den Menschen Gutes tun und ihnen nicht entreißen, was sie besitzen; bist du ein Mensch, so vergiß auch niemals, daß du's bist.“
Ferdinand von Aragonien begnügte sich nicht damit, offen und ehrlich das Kriegshandwerk zu treiben, sondern er benutzte als Deckmantel für seine Pläne die Religion. War dieser König wirklich fromm, so beging er eine lästerliche Entweihung des Heiligen, indem er die Sache Gottes zum Vorwand nahm, seinen wilden Leidenschaften zu folgen. War er nicht gläubig, so handelte er gar als Betrüger und Schuft, indem er durch sein heuchlerisches Tun den frommen Glauben des Volkes mißbrauchte zugunsten seines Machthungers.
Gefährlich ist's, wenn ein Fürst seine Untertanen an den Gedanken gewöhnt, daß religiöse Überzeugungen eine gerechte Sache seien, die Waffen dafür zu erheben: das heißt, mittelbar die Klerisei zum Herrn über Krieg und Frieden machen, zum Schiedsrichter über Herrscher und Volk. Verdankte doch das weströmische Reich seinen Fall zum Teil solchen Glaubenskämpfen, und in Frankreich, unter den letzten Valois, erlebte man die unseligen Folgen eines frommen eifernden Wahns. Meines Erachtens verlangt eines Fürsten wohlverstandener VorteU, daß er an den Glauben seiner Völker nicht rühre, im übrigen, soviel in seiner Macht sieht, den Geist der Milde und Duldung in der Geistlichkeit seiner Staaten und bei seinen Untertanen kräftige und erhalte. Solches Bemühen stimmt nicht allein zum Sinne des Evangeliums, das nur Friedfertigkeit, Demut und Bruderliebe predigt, sondern fördert auch des Fürsten eigene Zwecke, da er mit der Ausrottung des falschen Glaubenseifers und des Fanatismus in seinen Landen zugleich den gefährlichsten Stein des Anstoßes aus seinem Wege räumt, die allerbedrohlichste Klippe. Denn wo bleibt alle Treue und aller gute Wille in der Menge, wenn religiöse Leidenschaft und wilde Glaubensbegeisterung ihr Haupt erheben, wenn dem Mörder als Preis seines Verbrechens der Himmel winkt, ihm die Palme des Glaubenszeugen verheißen ist zum Lohn für den Tod durch Henkershand?
So kann denn ein Herrscher gar nicht genug Verachtung bezeigen für die eitlen Zänkereien der Priester, die im Grunde nur ein Streit um Worte sind, und kann garnicht genug darauf bedacht sein, allen Aberglauben und die davon untrennbaren Ausbrüche religiöser Leidenschaft zu ersticken.
An zweiter Stelle führt Machiavell das Beispiel Bernhards von Mailand an zur Beherzigung für die Fürsten, daß sie daran lernen mögen, ihre Belohnungen wie ihre Strafen so ins Werk zu sehen, daß es in die Augen fällt, damit all ihr Tun die