<252> Anreden, Prosopopöen usw. anfertigen. Hiernach soll er ihnen die Beweisführung des Redners lehren, das Enthymema, das große Argument in fünf Teilen, die verschiedenen Teile der Rede und die Art ihrer Behandlung. Für die gerichtliche Redekunst soll er die Reden Ciceros benutzen, für die beratende Redegattung Demosthenes, für die demonstrative Gattung Fléchier und Bossuet, sämtlich auf Französisch. Ferner kann er einen kleinen Kursus der Poesie mit ihnen durchnehmen, um ihren Geschmack zu bilden. Homer, Birgit, ein paar Oden von Horaz, Voltaire, Boileau und Racine sind die fruchtbaren Quellen, aus denen er schöpfen kann. Das wird den Geist der jungen Leute zieren und ihnen zugleich Geschmack an den schönen Künsten beibringen. Sobald die Schüler einige Fortschritte gemacht haben, soll er sie Reden in allen drei Gattungen verfassen lassen, die sie ohne Hilfe anfettigen müssen. Erst wenn sie ihre Arbeiten vorgelesen haben, soll er sie verbessern.
Der Grammatiker, der dieser Klasse beigegeben ist, soll ihre Sprachfehler ver, bessern und Herr Toussaint ihre Verstöße gegen die Rhetorik. Ferner sollen die jungen Leute die Briefe der Frau von Sevigne, des Grafen d'Esirades1 und des Kardinals d'Ossat2 lesen und über alle möglichen Gegenstände Briefe verfassen.
Herr Toussaint soll einen Kursus der Kunstgeschichte hinzufügen. Er wird mit Grie, chenland, der Wiege der schönen Künste, beginnen und die Hervorragendsten griechischen Künstler namhaft machen. Dann soll er zu der zweiten Kunstblüte unter Cäsar und Augustus übergehen, zur Wiedergeburt der Künste unter den Medizäern, zu ihrer hohen Vollendung unter Ludwig XIV., und mit den berühmtesten Künstlern unsrer Zeit enden.
Der Geschichts- und Geographielehrer soll einen Auszug der alten Geschichte von Rollin verfassen und den Schülern die großen Zeitalter und die Namen der berühmtesten Männer gut einprägen. Für die römische Geschichte kann er Echard3 benutzen, für die Geschichte des Deutschen Reiches einen Auszug aus dem Pater Barre4. Das eigentliche Geschichtsstudium soll sich nur von Karl V. bis auf die Gegenwart ersirecken. Diese interessanten Begebenheiten hängen aufs engste mit der Gegenwart zusammen, und ein junger Mann, der in die Welt treten will, darf nicht in Unkennt, nis der Begebenheiten bleiben, die mit den gegenwärtigen Verhältnissen Europas verkettet sind und sie geschassen haben. Der Professor soll nicht nur Geschichte lehren, sondern auch jedesmal nach Beendigung des Unterrichts eine halbe Stunde lang Fragen über den eben behandelten Zeitabschnitt stellen. Dadurch wird er die jungen Leute zu moralischen, politischen und philosophischen Betrachtungen anregen; denn das ist für sie nützlicher als alles, was sie lemen. So wird er sie über den Aberglauben der verschiedenen Völker befragen, z. B.: „Glaubt Ihr, daß Curtius durch seinen“
1 Graf Godefroi d'Estrades, französischer Staatsmann und Feldherr († 1686). Vgl. Bd. II, S. 12.
2 Arnaud d'Ossat, Kardinal und französischer Staatsmann († 1604).
3 Laurent Echard, Histoireromaine depuis la fondation de Rome jusqu'à la translation de l'empire par Constantin (Paris, 1737).
4 Joseph Barre, Histoire générale d'Allemagne (Paris, 1748).