<288> jene hochherzigen und tugendhaften Seelen, die den Ruhm und die Stütze ihrer Landsleute bildeten.
Entschuldigen Sie die Länge dieses Briefes! Die Fülle des Stoffes könnte viele Bände liefern, ohne daß man ihn erschöpfte. Doch es genügt, Ihnen die Wahrheit zu zeigen, um den Irrtum und die Vorurteile zu vernichten, die einem Geist wie dem Ihren ftemd sind. Ich bin usw.
5. Brief des Anapistemon
Ich habe Ihren Brief mit der ihm gebührenden Aufmerksamkeit gelesen. Ich war überrascht von der Menge der Gründe, mit denen Sie mich niederschlagen. Sie sind entschlossen, mich zu besiegen und meine Meinungen, an Ihren Wagen gefesselt, im Triumph dahinzuführen. Ich gesiehe, es liegt viel Überzeugungstraft in den Motiven, mit denen Sie mich zu bekehren suchen, und sie gründlich zu wider, legen, wird mir viel Mühe kosten. Um mich rascher niederzuwerfen, sagen Sie, mein Verstand habe mein Herz irregeführt, ich redete der Trägheit das Wort und veredelte dies Lasier durch den verführerischen Schein der Mäßigung oder ähnlicher Tugenden. Nun wohl, ich gebe Ihnen zu: Müßiggang ist ein Lasier, man soll dienstfertig und gefällig gegen jedermann sein, soll das Volk zwar nicht wie seine Nächsien lieben, wohl aber sich um sein Wohlergehen kümmern, mehr noch, ihm so nützlich wie möglich sein. Ich sehe ein, daß der Allgemeinheit, der ich angehöre, kein Unglück zustoßen kann, ohne daß ich dessen Wirkungen verspüre, und daß, wenn die Bürger leiden, der Staat dadurch verliert.
In allen diesen Punkten gebe ich klein bei. Ferner gebe ich zu, daß alle, die in der Staatsverwaltung tätig sind, an der höchsten Gewalt teilhaben. Aber was geht mich das alles an? Ich bin weder eitel noch ehrgeizig. Aus welchem Grunde könnte ich mir eine Last aufladen wollen, die ich nicht tragen mag, und mich in Geschäfte stürzen, wenn ich glücklich lebe, ohne daß der Gedanke an solche Tätigkeit mir in den Sinn käme? Sie räumen ein, daß maßloser Ehrgeiz ein Lasier ist. Sie müssen mir also beipflichten, wenn ich nicht in dies Lasier verfalle, und dürfen nicht verlangen, daß ich meine süße Gemütsruhe aufgebe, um mich nach Herzenslust allen Launen Fortunas auszusetzen. Ach, lieber Freund, woran denken Sie bei solchen Ratschlägen! Machen Sie sich doch eine lebhafte Vorstellung von dem harten Joche, das Sie mir aufbürden wollen, welche Beschwerden es mit sich bringt und welche leidigen Folgen es hat! In meiner jetzigen Lage schulde ich mir allein Rechenschaft über mein Benehmen. Ich bin der einzige Richter meiner Handlungen, genieße ein