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Einleitung des Herausgebers

In den Abhandlungen dieses Bandes tritt uns das Bild des „Philosophen von Sanssouci“ entgegen. König Friedrich sieht auf dem Boden der englisch-französischen Aufklärung. Auch ihn erfüllen ihre neuen Ideale: Gemeinwohl, Humanität und Fortschritt der Menschheit. Und so sucht er sein Volt, das hinter den anderen großen Kulturstaaten zurückgeblieben war, zu milderen Sitten, freierem Denken und schöneren Lebensformen, zu einer erleuchteten, natürlichen Religion und einer sozialen Auffassung der sittlichen Pflichten zu erheben.

Die verschiedensten Gegenstände behandeln die folgenden Aufsätze, die die einzelnen Seiten seines Wesens lebendig illustrieren. Auch die Gründe, die ihn zu deren Abfassung bestimmen, sind mannigfaltigster Art. Bald ist es streitbarer Angriff und Abwehr, mag er sich gegen die römische Kurie und ihr System oder gegen die materialistische Richtung in der Philosophie1 wenden. Bald handelt es sich um die Darlegung seiner Anschauungen, in der er ein Programm entwickelt, bald um Instruktionen, bald um Gedächtnisreden, die er der Erinnerung seiner Freunde weiht, — auch die Flugschrift gegen Voltaire, in der er für den todkranken Maupertuis in die Schranken tritt2, gehört zu ihnen, — bald um Erzeugnisse stiller Mußestunden, in denen er dem Spiel seiner Gedanken freien Lauf läßt oder sich auf einem Felde versucht, das sonst seinem königlichen Berufe fernliegt.

Mit kurzen Fußnoten haben wir auf den Ursprung der einzelnen Schriften hingewiesen. Indessen eine von ihnen, die weitaus bedeutendste des Bandes, bedarf näherer Erläuterung: die Abhandlung „Über die deutsche Literatur“.

Das Dunkel, das ihre Entstehung umgibt, ist noch nicht völlig gelichtet. Wohl hat der Minister von Hertzberg Anspruch darauf erhoben, den Anstoß zur Abfassung dieser Schrift gegeben zu haben, aber sein Anteil an ihr beschränkt sich lediglich auf den Auftrag, den er erhielt, ihre Drucklegung und Übersetzung ins Deutsche zu überwachen. Das Verdienst, das er sich beimaß, gebührt vielmehr den Schwestern Friedrichs, der Herzogin Charlotte von Braunschweig und der Prinzessin Amalie, die von Ende September bis Anfang Oktober 1780 bei ihm zu Besuch weilten; denn ein Streit


1 Vgl. dazu die gegen Baron Holbach gerichteten Streitschriften von 1770: „Kritik der Abhandlung »Über die Vorurteile« “ und „Kritik des »Systems der Natur« “ (Bd. VII) und das „Totengespräch zwischen Prinz Eugen, lord Marlborough und Fürst Liechtenstein“ von 1773 (Bd. IX), in dem König Friedrich die Enzyklopädisten verspottet.

2 Vgl. S. 227 ff.