<122>Ich seh' sie über dicken Büchern hocken,
Gleichwertig ihren Witzen, schal und trocken,
Ein Versschwall, den Verlegern aufgehängt;
Doch zum Gespräch des Tages wird der Klatsch!
All ihr Geschreibsel ist nur öder Tratsch,
Teils fades Zeug und teils mit Gift durchtränkt.
Bald streuen sie Verleumdung aus, bald schlagen
Sie sich mit denen 'rum, die sie verklagen,
Und der Parnaß, von ihrem Kot besteckt,
Führt eine Sprache, die nach Jahrmarkt schmeckt!
Seht einen Schöngeist nun in andrem Licht!
Gebt ihm ein Amt, Ansehen und Gewicht:
Bei Hof macht er sich rasch den Brauch zu eigen;
Er spinnt Kabalen, hinterm Rücken schmäht
Er einen Günstling, der im Weg ihm sieht.
Als Richter wird er nie Erbarmen zeigen.
Feil ist sein Urteil, und der Rechtsgang wird
Zum Labyrinth, in dem man sich verirrt.
Umsonst erhebt bedrängte Unschuld Klage;
Der Widersacher siegt mit seinem Geld,
Und das Gesetz verstummt. Doch welche Plage,
O Gott, trifft vollends diese arme Welt,
Vertraut der Fürst ihm blind des Staates Ruder!
Gleich zeigt er sich als Alberonis1 Bruder,
Steckt überall die Kriegesfackel an;
Ruhmlüstern strebt er nach Unsterblichkeit
— Der Art, wie Herostrat sie einst gewann.
So falschen Glanz verschmäht der Ehrenmann;
Doch zuverlässig, klug und hilfsbereit,
Stets gleichen Sinns, verschwiegen in Geschäften,
Als Hofmann schlicht, von Dünkel frei als Dichter,
Mild als Soldat und makellos als Richter,
Wird er der Ehre Regeln nie entkräften.
Sprecht frei heraus, wer Euch von beiden lieber,
Der stets Bescheidne, gut und ehrenfest,
1 Vgl. Bd. I, S. 132 ff.; II, S. 26.