<15>Seht die beflügelte Zeit!
Eben noch rauscht ihr Gefieder —
Schon ist sie weit,
Weit, und kehrt niemals wieder.
Doch ihre rasende Eile
Ist uns zum Heile:
Wie sie Beschererin,
Ist sie Zerstörerin;
Was sie an Übeln gebracht,
Nimmt sie auch, eh' du's gedacht,
Wieder dahin.
Lohnt da Klage und Gram
Über ein Mißgeschick,
Das mit dem Augenblick
Geht, wie es kam?
Kenn' ich Ovid doch nicht wieder,
Wie er im Bann sich gebart:
Nichts mehr als winselnde Lieder,
Nichts mehr von Mannesart!
Kläglich liegt er darnieder:
Ist denn vor Romas Toren
Jegliches Hoffen verloren?
Konnt' er, statt zu verzagen,
Nicht mit Horatius sagen:
„Muß mein Glück in mir selber tragen!“
Segen euch, Lehrer und Meister,
Die ihr, himmelentstammt,
Euch bequemtet dem irdischen Amt,
Leuchten der Stoa ihr, führende Geister!
Sterblich wie wir,
Werdet ihr Götter allhier.
Ja, eure heldischen, hohen Gedanken
Und euer Mut ohne Wanken
Schlagen die Menschheit in Bann:
Wer da ein festes, gefeites,
Von Menschenschwachheit befreites,
Reifes Gemüt sich gewann,
Den tritt kein Leiden mehr an!