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Dritter Akt

Erste Szene

Argan. Bardus

Argan. Mit Mühe habe ich sie schließlich getrennt und der Vorsicht halber Mondor bei meiner Frau gelassen, damit sie auf ihn achtgibt. Ihr Sohn wollte zu Ihnen gehen. So haben wir dem Schlimmsien vorgebeugt und gewinnen Zeit, die Sache endgültig ins reine zu bringen.

Bardus. Dieser Mondor hat ganz bestimmt unrecht; der Geck, der sich selbst bewundert, wenn er nur den Mund auftut. Er wird meinem Firlefanz lächerlich vorgekommen sein. Denn der beschäftigt sich bloß mit den erhabensten Dingen der Menschheit. Wahrscheinlich ist er ihm mit einem mitleidigen Lächeln begegnet. Das hat den anderen gewurmt, und sein aufgeregtes Wesen hat ihn dann zur Unart verleitet. Bei Ihren Schöngeistern muß man ja stets auf Verstöße gefaßt sein.

Argan. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen: Mondor scheint mir minder schuldig als Ihr Sohn. Mondor hat gewiß eine lebendige Phantasie, ist aber durchaus gesittet. Wenn der Geist allzu beweglich ist, so begeht man leicht einmal eine Torheit. Gesellt sich aber Vernunft zu dem inneren Feuer, so vermag der Geist frisch aufzufassen, Gedanken leicht zu verweben und funkelnd lebendig zu antworten. Und das ist ja eben der Vorzug, den wir den Schöngeistern zuerkennen: daß sie mehr und besser denken als die Menge.

Bardus. Nach Ihrer Definition sind also die Algebrakundigen die einzigen wahren Schöngeister. Und Ihr Mondor ist ein windiger Bruder, dem die schönen Vergleiche seines Virgil und seines Horaz so zu Kopf steigen, daß er die Frechheit hat, sich mit meinem Sohn zu messen. Hätte ich nicht gerade mit meinem Professor über die Gleichung einer wunderbaren neuen Kurve reden müssen, die ich für mein Buch verwerten will, so hätte ich Firlefanz bei seinem Besuch begleitet. Allerdings hätte ich kaum die Zeit gefunden. Es war ein Freund da, der ihn nach Holland und dann nach Frankreich mitnehmen will.