<306> Bardus. Er soll in den Richtersiand eintreten.

Argan. Der Richtersiand ist eben erst von allen Mißbrauchen gesäubert worden.1 Bei unserer neuen Prozeßordnung kann die Rechtsverdreherei verhungern.

Bardus. Ach, mein Lieber, sowie ihr die Klauen beschnitten sind, wachsen sie wieder nach. Es war einmal ein Richter, bei dem verlor mein Großvater Aristoteles Bardus einen Prozeß. Dafür soll jetzt mein Sohn Richter werden und meine Familie rächen. Das Geld, das wir damals durch die Justiz verloren, soll er uns wieder heimholen.

Argan. Das können Sie natürlich halten, wie Sie wollen. Aber wozu wollen Sie dann den Sohn auf Reisen schicken?

Bardus. Ich Hab' es nun einmal so beschlossen. Und da mein Freund, der ihn mitnehmen will, schon morgen abreist, müssen wir die Verlobung unserer Kinder noch heute abend zustande bringen.

Argan. Ich habe ja nichts dagegen, vorausgesetzt, daß die heutige Affaire —

Zweite Szene

Bardus. Argan. Nerine

Nerine (zu Argan, in dringlichem Ton). Gnädiger Herr, gnädiger Herr! Gnädige Frau läßt Ihnen sagen —

Argan. Was denn?

Bardus. Haben sie sich duelliert?

Nerine. Nein, gnädiger Herr.

Argan. Hat es schon wieder einen Auftritt gegeben?

Nerine. Nein, gnädiger Herr.

Bardus. Ja zum Henker, so sag' uns doch, was los ist!

Nerine (zu Argan). Gnädige Frau läßt Ihnen sagen: anstatt zu seinem Herrn Vater zu gehen, ist Herr Firlefanz fortgelaufen, und kein Mensch weiß, wohin.

Argan. Nun und?

Nerine. Meiner Treu, er ist fort. Und nun fürchten wir, er will sich mit Herrn Mondor schlagen, sobald der das Haus verläßt.

Bardus. Dazu ist er viel zu vernünftig. Weiter war's nichts? Da brauchst du dich nicht zu ängstigen, mein Kind.


1 Anspielung auf die Coccejische Justizreform (vgl. Bd. III, S.7f.; VII, S. 118: VIII, S. 36).