<48>Ein andrer weiß, wie aus den Finsternissen
Des alten Chaos Gottes Werderuf —
Ein Wörtlein nur — der Dinge Ordnung schuf!
Sein Scharfsinn urteilt, ohne abzuwägen,
„Erklärt“, wie Wesen aus dem Nichts entstehn!
Weiß er, was „Leere“ sei? Ist einzusehn,
Wie Körper sich im vollen Raum bewegen?...
Bevor ein Sohn Euklids das Land aufnimmt
Und Berg und Tal auf seinem Plan bestimmt,
Prüft er zunächst sein mancherlei Gerät:
Je schärfer dieses, um so sichrer geht
Sein Werk vonstatten — welch ein weiser Brauch!
Gebührt es, eh man Schlüsse zieht, nicht auch,
Zu prüfen, wie beschaffen der Verstand?
Wer sich nicht kennt, ist in des Zufalls Hand,
Behauptet dies und das, verneint, bejaht.
Auf sich beschränkt, gerät auf falschen Pfad
Sein Wissensdrang, versteigt sich in das Leere.
Weiß er, ob der Verstand ihn nicht betrügt,
Ob sich sein Flattergeist dem Zügel fügt,
Ob nicht die Phantasie der Weisheit Lehre
Verspottet und mit ihm ins Blaue reist?
Doch unser Dünkel läßt den Wahn bestehen:
Er will durch Prüfung nicht beschämt sich sehen!
Ist's nicht, als ob der trügerische Geist,
Der Wahrheit ftemd, für Irrtum nur erglüht?
Vom Wunderbaren läßt sich das Gemüt
Gar leicht umstricken mit gefäll'ger Lüge.
Gleich einem schlechten Spiegel wirft es nicht
Das Bild der Wirklichkeit zurück: es bricht
Die Strahlen nur, verzerrt der Dinge Züge.
Der Mensch weiß nicht, wie weit sein Irrtum geht!
Als Weiser dünkt sich noch der größte Narr,
Bestaunt, von Eigendünkel aufgebläht,
Sein Können, bringt sich selber Weihrauch dar.
Schau, wie er täglich den Verstand mißbraucht!
Wenn Gold zu machen ein Adept verspricht,