<13>Sein Familienleben war auf einen einfach bürgerlichen Fuß eingerichtet, und er gab hiedurch — zu einer Zeit, wo an den Höfen fast überall ein furchtbares Sittenverderbnis eingerissen war — ein achtbares Beispiel. Eheliche Treue galt ihm über alles. Seine Kinder, deren Anzahl sich im Verlauf der Jahre bedeutend vermehrte, sollten, seiner schlichten Frömmigkeit gemäß, in der Furcht des Herrn erzogen werden; frühzeitig war er bemüht, sie durch die Gewöhnung eines regelmäßigen Lebens, durch strengen Gehorsam und nützliche Beschäftigung zu tüchtigen Menschen nach seinem Sinne zu bilden während alles, was der Eleganz im Leben und Wissen angehört, entschieden aus seinem häuslichen Kreise verbannt blieb. Unter einer rauhen Hülle bewahrte er ein deutsches Gemüt, und er ließ dem, der ihm in gemütlicher Weise entgegenkam, Gerechtigkeit widerfahren; undeutsches Wesen aber und Widerspenstigkeit gegen seine gutgemeinten Anordnungen fanden sie ihm einen unerbittlichen Richter, und er wußte, von Natur zum Jähzorn geneigt, ein solches Tun aufs härteste zu ahnden.
In den ersten Jugendjahren seines Sohnes, des nunmehrigen Kronprinzen Friedrich, konnte es jedoch noch nicht offensichtlich sein, wieweit dieser mit der Richtung und Gesinnung des Vaters übereinstimmen würde. Die erste Pflege des Knaben mußte den Händen der Frauen anvertraut bleiben. Seine Mutter, die Königin Sophie Dorothee, eine Tochter des Kurfürsten von Hannover und nachmaligen Königs von England, Georg I., war durch eine natürliche Herzensgüte und Neigung zum Wohltun ausgezeichnet; auch war sie der edleren Wissenschaft nicht so abhold wie ihr Gemahl. Diese Neigungen suchte sie auf ihre Kinder fortzupflanzen. Leider jedoch besaß sie nicht diejenige hingebende Liebe, welche, in Einklang mit dem Willen ihres Gemahles, zum Segen des Hauses hätte wirken können.
Eine Ehrendame der Königin, Frau von Kamecke, war mit der Oberaufsicht über die Erziehung des Kronprinzen beauftragt worden. Ein größeres Verdienst, als diese, erwarb sich die Untergouvernante, Frau von Rocoulles. Die letztere hatte schon den König selbst in seiner Kindheit gepflegt; ihr fester und edler Charakter, ihre treue Anhänglichkeit an das preußische Herrscherhaus hatten sie so empfohlen, daß es nur ein gerechter Dank schien, sie aufs neue zu einem so ehrenvollen Geschäfte zu berufen. Sie war eine geborene Französin und gehörte zu den Scharen jener Reformierten, die ein törichter Religionseifer, die Heimat eines Teiles seiner besten Kräfte beraubend, aus Frankreich verbannt und die in den brandenburgischen Staaten willkommene Aufnahme fanden. Daß überhaupt eine Französin, selbst an dem derbdeutschen Hofe Friedrich Wilhelms, zur Erziehung der Kinder berufen ward, darf in einer Zeit nicht auffallen, in welcher die Welt von französischer Bildung be-