<140>Diese raschen Erfolge, die Eroberung eines reichen Landes fast ohne Schwertschlag, versetzten Friedrich in die behaglichste Stimmung; sie schienen ihm die glücklichste Zukunft zu versprechen. Die Briefe, die er in dieser Zeit an seinen Freund Jordan schrieb, atmen eine seltne Heiterkeit und Laune, wie denn überhaupt sein ganzer Briefwechsel mit Jordan, der vornehmlich die Zeit des Ersten schlesischen Krieges ausfüllt, zu dem Anmutvollsten gehört, was Friedrich geschrieben hat. Es spricht sich darin überall die innigste Zärtlichkeit aus, die aber durch eine leisere oder schärfere Ironie über die friedlichen Tugenden des Freundes stets eine eigentümliche Würze erhält. So sandte er ihm aus Ottmachau folgendes fröhliche Schreiben: « Mein lieber Herr Jordan, mein süßer Herr Jordan, mein sanfter Herr Jordan, mein guter, mein milder, mein friedliebender, mein allerleutseligster Herr Jordan! Ich melde Deiner Heiterkeit, daß Schlesien so gut als erobert ist und daß Neiße schon bombardiert wird; ich bereite Dich auf wichtige Projekte vor und kündige Dir das größte Glück an, das Fortunens Schoß jemals geboren hat. Das mag Dir für jetzt genug sein. Sei mein Cicero bei der Verteidigung meiner Sache: in ihrer Ausführung will ich Dein Cäsar sein. Leb wohl. Du weißt selbst, ob ich nicht mit der herzlichsten Liebe bin — Dein treuer Freund. »
Ein paar Tage darauf schrieb er an denselben: « Ich habe die Ehre, Ew. Menschenfreundlichkeit zu melden, daß wir auf gut christlich Anstalten treffen, Neiße zu bombardieren, und daß wir die Stadt, wenn sie sich nicht mit gutem Willen ergibt, notgedrungen werden in den Grund schießen müssen. Übrigens geht es mit uns so gut, als nur immer möglich, und Du wirst bald gar nichts mehr von uns hören; denn in zehn Tagen wird alles vorbei sein, und in vierzehn etwa werde ich das Vergnügen haben, Dich wieder zu sehen und zu sprechen. » Der Schluß dieses Briefes lautet: « Leben Sie wohl, Herr Rat! Vertreiben Sie sich die Zeit mit dem Horaz, studieren Sie den Pausanias und erheitern Sie sich dann mit dem Anakreon: was mich betrifft, ich habe zu meinem Vergnügen nichts weiter als Schießscharten, Faschinen und Schanzkörbe. Übrigens bitte ich Gott, er wolle mir bald eine angenehmere und friedlichere Beschäftigung, und Ihnen Gesundheit, Vergnügen und alles geben, was Ihr Herz nur wünscht. »
Die Eroberung von Neiße erfolgte indes für jetzt nicht. Die Festung hielt das Bombardement aus, und ein Sturm war durch die umsichtigen Anstalten des Kommandanten unmöglich gemacht. Die Werke waren in guten Stand gesetzt, die Vorstädte mit all ihren schönen Gebäuden und Gärten abgebrannt, die gefrornen Gräben wurden alle Morgen aufgeeiset und die Wälle mit Wasser begossen, welches letztere augenblicklich die Gestalt einer unersteiglichen gläsernen Mauer annahm. Da