<65>bindung Preußens mit England einen augenscheinlichen Bruch erlitten hatte und vom Kronprinzen in dieser Beziehung wenig mehr zu befürchten schien, auch ihn wie den Vater, durch das Gewicht seiner Vermittlung, an seine Interessen zu knüpfen wünschte. Von größerer Bedeutung indes war zunächst der Einspruch, den die würdigsten und vom Könige am meisten geschätzten Führer seines Heeres gegen das Bluturteil, mit welchem der König drohte, erhoben. Auf die Erklärung zwar, daß der König nicht befugt sei, den « Kurprinzen von Brandenburg » ohne förmlichen Prozeß vor Kaiser und Reich am Leben zu bestrafen, erwiderte jener, daß Kaiser und Reich ihn nicht abhalten dürften, gegen den « Kronprinzen von Preußen » in seinem souveränen Königreiche nach Belieben zu verfahren. Aber der Major von Buddenbrock entblößte vor dem Könige seine Brust und rief heldenmütig aus: « Wenn Ew. Majestät Blut verlangen, so nehmen Sie meines; jenes bekommen Sie nicht, solange ich noch sprechen darf! »
War die Stimme der Politik nicht ganz zu überhören, war die Stimme der Ehre für den kriegerischen König ein hochachtbarer Klang, so trat doch noch ein Drittes hinzu, welches mit ungleich größerer Gewalt sein Herz zur Gnade stimmte. Es war das Wort eines geringen Dieners, aber es brachte die so lang ersehnte Kunde von der Sinnesänderung des Sohnes. Der Feldprediger Müller, der mit Katte von Berlin nach Küstrin gegangen war und ihn zum Tode vorbereitet hatte, war zugleich durch den König beauftragt worden, nach Möglichkeit auch auf das Gemüt des Kronprinzen zu wirken und, wenn sich dieser zur Annahme seiner geistlichen Ermahnungen willfährig zeige, längere Zeit bei ihm zu bleiben. Der Kronprinz war nach jenem furchtbaren Schlage eines höheren Trostes nur zu sehr bedürftig. Der Feldprediger hatte ihm von Katte ein teures Vermächtnis überbracht, eine Reihe schriftlich abgefaßter Vorstellungen, welche dazu dienen sollten, den fürstlichen Freund auf den gleichen Weg des Heiles zu führen, als durch welchen er mit dem Leben versöhnt gestorben war. Diese Vorstellungen bestanden besonders darin, daß Katte sein Unglück als eine verdiente Strafe Gottes betrachtete, daß er den Kronprinzen beschwur, auch er möge hierin die Hand Gottes erkennen und sich dem Willen seines Vaters unterwerfen, besonders aber möge er dem Glauben an eine willkürliche Vorherbestimmung des Schicksals entsagen. Dies letztere war der wichtigste Punkt, und auch der König hatte bereits vor allem darauf gedrungen, daß der Prediger diese Glaubensansicht des Kronprinzen mit allem Eifer bekämpfen möge. Denn der Prinz hatte sich, besonders durch Katte dazu verleitet (wie dies bereits früher angedeutet wurde), jener Prädestinationslehre ergeben, welche bekanntlich durch die Calvinisten mit einer trostlosen Strenge vertreten wurde, welche die einzelnen Menschen als von