ZEHNTES KAPITEL Der erste Anblick des Krieges.
Friedrich hatte bisher den militärischen Dienst nur auf dem Exerzierplatze kennengelernt; jetzt sollte ihm auch die ernste Anwendung dieses Dienstes im Kriege entgegentreten.
Den Anlaß zu einem Kriege, an welchem Preußen teilnahm, gab eine Streitigkeit um den Besitz Polens. König August II. war am 1. Februar 1733 gestorben. Er hatte, gegen die Verfassung Polens, welche kein Erbgesetz kannte und die königliche Macht durch freie Wahl austeilte, die polnische Krone als ein erbliches Gut für seine Familie zu erwerben gesucht. Zunächst zwar ohne Erfolg; doch trat sein Sohn, nachmals August III. genannt, der ihm in Sachsen als Kurfürst gefolgt war, als Bewerber um die polnische Krone auf, indem Rußland und Österreich seinen Schritten einen energischen Nachdruck gaben. Ihm entgegen stand Stanislaus Lesczynski, der Schwiegervater des Königs von Frankreich, Ludwigs XV., der schon früher einige Jahre hindurch, als August II. der Macht des Schwedenkönigs, Karls XII., hatte weichen müssen, mit dem Glanze der polnischen Krone geschmückt gewesen war; für ihn sprach das Wort seines Schwiegersohnes. Polen selbst war in Parteien zerrissen; einst ein mächtiges Reich, war es jetzt keiner Selbständigkeit, keiner wahren Freiheit mehr fähig, und schon lange Zeit hatte es nur durch fremde