15. AN DENSELBEN.

Cüstrin, den 28. November 1730.



Allerdurchlauchtigster König und Vater,

Ich erkenne mit aller Submission die Gnade, so Sie mir erwiesen, und mir öfters erlauben, an Sie zu schreiben und meinen unterthänigsten Respect und Treue zu versichern, und versichere hierbei allerunterthänigst, dass Sie aus meiner ganzen Conduite ersehen werden, dass ich aus Submission und Gehorsam Alles thun werde. Dero Befehl Genüge zu thun. Ich kann sonst nicht genugsam Gottes Wege hier, auch in Führung meines Unglücks erkennen, da er mich zwar durch manchen sauern und rauhen Tritt geführet,3_13-a aber auch gewiss sich einen guten Zweck vorbehält, und bin versichert, dass er es so ausführen wird zu seiner Ehre und so, dass Sie dabei vollkommen von meiner Submission versichert werden können, so dass, wo Sie Ursach zu glauben gehabt, ich wäre Ihnen ungehorsam, Sie sich jetzo vollkommen des Gegentheils versichern können; wo Sie geglaubet, ich wäre Ihnen untreu, Sie sich jetzo gewiss meiner vollkommenen Treue zu versichern haben : wo Sie auch in übri<14>gen Stücken einige üble Opinion von mir gehabt, Sie in allen Stücken sehen werden, dass ich, so viel möglich, redressiren werde. Geruhen Sie denn jetzo, diese Zeilen von dem Ihnen nunmehro gehorsamen Sohn mit einem gnädigen Anblick zu sehen, und erlauben Sie mir, dass ich mir versichern darf, dass der Gott, der die Herzen der Könige regieret wie die Wasserbäche,3_14-a Ihres, o mein Vater, also regieren wird, dass, nach so lange wohlverdienter Entziehung Ihrer Gnade, ich mich inskünftige so viel von Dero Gnade werde zu rühmen haben, als wie ich bishero über Ihre väterliche Züchtigungen habe klagen können. Ich ersterbe also in der Versicherung und hoffe, dass, nachdem Sie sich so lange als ein gerechter Richter bezeiget, Sie auch wieder das Vaterherz gegen mich lenken werden. O welche Liebe, welche Treue werde ich Ihnen nicht dagegen verdoppeln müssen! Wie gerne werde ich nicht mein Leben, welches so in Ihren Händen stehet, mit aller Freude für Sie lassen, und bin, bis in den Tod, mit unterthänigster Submission, u. s. w.3_14-b


3_13-a Diese Worte erinnern an die sechste Strophe des berühmten Kirchenliedes : « O Gott, du frommer Gott. » welches Johann Heermann, zur Zeit des dreissigjährigen Krieges Prediger in Köben, gedichtet hat. Friedrichs Soldaten sangen dieses Lied, namentlich die zweite Strophe, auf dem Zuge zur Schlacht bei Leuthen.

3_14-a Die Sprüche Salomonis, Capitel XXL, Vers 1.

3_14-b Der Cabinets-Rath Schumacher hat oben am Rande dieses Briefes bemerkt, dass derselbe ihm, den 29. November 1780, eingerissen zugestellt worden.