XI. REGLEMENT FÜR DIE CAVALLERIE UND DRAGONER, WAS BEI DEN EXERCITIEN GEÄNDERT WIRD.[Titelblatt]
<112><113>REGLEMENT FÜR DIE CAVALLERIE UND DRAGONER, WAS BEI DEN EXERCITIEN GEÄNDERT WIRD.
1.
Erstlich müssen die Officiere dahin sehen, dass die Leute ihre Pferde gut in Acht nehmen und gut füttern, auch sehr hurtig satteln und aufzäumen lernen, imgleichen dass Sattel und Zeug allemal in gutem Stande gehalten werden.
2.
Die Bügel sollen alle so kurz geschnallt weiden, dass ein Reiter sich so hoch im Sattel heben kann, dass eine Hand breit Raum zwischen dem Sattel und des Reiters Leibe ist.
3.
Die Officiere müssen die Reiter sehr oft reiten lassen, auf dass ein jeder sein Pferd einzeln tummeln könne, wie er will, und vollkommen Meister sei von seinem Pferde, es zu wenden.
4.
Wenn die Reiter sehr oft allein geritten haben, so müssen die Escadrons formiret werden.
<114>5.
Im Anfang muss wohl Achtung gegeben werden, dass der Reiter lernet Vordermänner nehmen; nachgehends, dass im Reiten die Glieder dicht auf einander folgen, auch die Züge dicht auf einander bleiben.
6.
Alle vier Züge werden von Officieren geführet, und müssen die Officiere immer dazu gehalten werden, dass sie hurtig durch die Défilés marschiren und sich formiren, auch durch Traben ihre Distance gewinnen, wenn sie solche verloren haben.
7.
Mit vieren rechtsumkehrt schwenken muss beibehalten werden, weil es dasjenige Mouvement ist, wodurch die Regimenter ins Lager rücken; im übrigen müssen die Escadrons wohl exerciret werden, dass ihnen gleich viel ist, mit Zügen rechts oder links abzumarschiren.
8.
Wenn soll attaquirt werden, so wird commandirt : Zwei hinterste Glieder vorwärts schliesst euch, Marsch! Der Fahnenjunker rückt ins zweite Glied ein, der Commandeur der Escadron nebst drei Officieren bleibet in der Mitte, ein Lieutenant vor dem ersten Zuge und ein Lieutenant vor dem vierten Zuge.
9.
Sowie alsdann Marsch! commandiret wird, müssen die Reiter den Pferden die Spornen alle auf einmal geben, damit sie zugleich vom Flecke kommen; nachgehends im starken Trabe attaquiren. Wenn <115>sie auf solche Distance kommen, dass sie einbrechen wollen, müssen die Bursche die Degen auf einmal in die Höhe nehmen und in der Zeit, dass sie den Hieb thun wollen, sich im Sattel in die Höhe heben und, sowie der Hieb geschehen, sich wieder niedersetzen.
10.
Weil durch das Einbrechen der Cavallerie und hitziges Nachhauen die Escadrons mehrentheils auseinander kommen, so sollen die Officiere alsdann die Bursche aus einander schwärmen lassen und nur die Fahnenjunker und Trompeter bei sich behalten; sowie aber Appell geblasen wird, muss jeder Kerl sich wieder zur Estandarte einfinden, so geschwinde wie möglich, und muss jedem Kerl nur eingepräget werden, sich in sein Glied zu rangiren; Züge aber dürfen nicht eingetheilet sein, und schadet es nicht, dass die Leute durch einander sind, wenn sie sich nur geschwinde rangiren und drei Mann hoch stehen.
11.
So als sie wieder geschlossen sind, muss der Rittmeister in einem guten Trabe, wohlgeschlossen, mit ihnen attaquiren, und weil es zu vermuthen, dass der Feind in solcher Attaque ausreisst, so lassen sie die Degen am Riemen an der Hand hangen; das erste Glied nimmt in währendem Reiten die Carabiner hoch und feuert damit dem flüchtigen Feinde in den Rücken. Sowie das geschehen, lassen sie die Carabiner pur fallen im Haken (derentwegen sie solche nicht abhaken sollen) und nehmen die Degen, so sie an der Hand hangen haben, wieder in die Höhe, und commandirt der Rittmeister: Halt! Richtet euch! und schliessen sich beide Flügel nach der Mitte zu. Es ist aber wohl zu notiren, dass allemal, wenn das Halt! Richtet Euch! commandiret wird, sich die beiden Flügel nach der Mitte zu schliessen müssen.
<116>12.
Wenn ein Regiment Cavallerie die Revue passiret, so macht es alles dieses, was hier vorgeschrieben ist; alsdann sie rechtsumkehrt schwenkt euch! machen und mit allen Escadrons wieder auf den Platz marschiren, wo sie gestanden haben, und sich da wieder formiren.
13.
Wenn solches geschehen, so wird abgesessen, und marschiret das Regiment escadronsweise vor; die Leute müssen doppelte Distance haben; die Estandarten bleiben bei den Escadrons. Alsdann commandiret der Major : Das dritte Glied vorwärts doublirt eure Glieder! Marsch! Die Estandarts treten in die Mitte vor den Escadrons, die Rittmeister auf die Flügel, die andern Officiere aber hinten; ein jeder Rittmeister commandiret seine Compagnie und der Major commandiret : Mit halben Escadrons auf der Stelle chargiret! Der rechte Flügel fängt an, dann chargiren sie dreimal compagnieweise, und wird abgefeuert von dem rechten Flügel nach dem linken gerade durch.
14.
Weil sie nur zwei Mann hoch stehen, so fällt das erste Glied nicht nieder. Die Officiere aber müssen dahin sehen, dass die Bursche gut laden können und mit dem Gewehre gut umzugehen wissen; dann so commandiret der Major weiter : Vorwärts öffnet euch! Marsch! Das dritte Glied rechtsum kehrt euch! Marsch! Front! Das ganze Regiment rechtsum kehrt euch! Alsdann marschiren sie nach den Pferden und setzen sich auf.
<117>15.
Das Auf- und Absitzen soll nicht mehr mit Tempo's geschehen, wie bisher gebräuchlich gewesen, sondern je geschwinder, je besser; desgleichen das Auf- und Abkoppeln.
16.
Dieses Exerciren wird den Cuirassier-Reitern darum gewiesen, dass, wenn sie des Winters auf Postirung stehen und die Dörfer besetzen müssen, sie sich in solchen Dörfern wehren können, und dass sie ihr Gewehr zu laden wissen.
17.
Die Dragoner aber sollen ordentlich zu Fuss exerciren, wie die Infanterie exerciret, mit allen drei Gliedern, die Baïonnette aufgesteckt, und müssen sie zu Fuss so gut exerciren als ein Regiment Infanterie.
18.
Alte Reiter und Dragoner sollen bei Cassation nicht abgeschafft werden, sondern es müssen die Generale solche mit allem Fleisse bei den Regimentern conserviren.
19.
Die Obersten der Regimenter sollen dahin sehen, dass sie die Regimenter allemal in completem Stande halten, den Abgang mit guten und tüchtigen Leuten ersetzen, von sechs, sieben, acht und neun Zoll, aber keine Kinder, sondern, so viel es thunlich, bärtige Kerle, entweder Bauerknechte, Fleischerknechte, Jäger oder die dergleichen Professiones haben, welche am besten mit Pferden umzugehen wissen, annehmen.
<118>20.
Ein jedes Regiment Cavallerie, was von fünf Escadrons ist, wirbt jährlich drei Mann für Seiner Königlichen Majestät Regiment an, welche Sie ihnen vergüten: Mass, Grösse, Ansehen und Alter wird den Regimentern vorgeschrieben werden.
21.
Ein Dragoner-Regiment von zehn Escadrons wirbt jährlich sechs Mann für Seiner Königlichen Majestät Regiment an.
22.
Da Seine Königliche Majestät nicht gern seilen, dass junge Cornets bei den Regimentern sind, so müssen sich die Chefs der Regimenter nach hübschen Fahnenjunkern befleissigen, darunter allemal Leute von vier und zwanzig bis fünf und zwanzig Jahren sein müssen, die sie zu Cornets vorschlagen können.
23.
In allen Garnisonen, da Cavallerie drin liegt, soll des Morgens beim Thoraufschluss allemal eine Patrouille, nach Stärke der Garnison, commandiret werden, welche eine Viertelmeile von der Stadt vor den Thoren reitet, wie bei Kriegszeiten, und ehe solche Patrouille wieder eingekommen und berichtet dass sie nichts gesehen habe, werden die Thore nicht geöffnet.
24.
In den Orten auch, da starke Garnison Cavallerie lieget, soll in der Exercir-Zeit, da das Regiment völlig zusammengezogen ist, jedes Thor der Stadt mit nicht mehr als einem Gefreiten und drei Mann besetzet, hingegen vor jedem Thore starke Wachen mit ihren <119>Vedetten ausgesetzet werden, die von der Reveille an bis zum Zapfenstreich auf ihrem Platze bleiben, nach Sonnenuntergang aber in die Stadt einrücken.
25.
Die Officiere sollen wohl dahin sehen, dass die Reiter allemal ihre Hüte gut in die Augen sitzen haben, und müssen sie ohne zu extravagiren propre sein.
26.
Diese vorgeschriebenen Mouvements müssen von den Obersten allemal gemacht werden; überdem aber können dieselben, um ihre Regimenter desto besser in Ordnung zu haben und ihre Rittmeister und Officiere gewitzigter zu machen allerhand Dispositiones zu executiren, annoch andere Mouvements mehr machen lassen, wie sie nur wollen; nur müssen sie dabei jederzeit auf eine accurate, prompte Execution und grosse Geschwindigkeit halten, und dass insonderheit die Schwenkungen so geschwinde gemacht werden, wie es nur zu verlangen ist. Ueberhaupt aber müssen die Officiere von der Cavallerie sich nicht einbilden, dass Seine Königliche Majestät bei einer Revue von der Cavallerie dem alten Schlenter folgen werden, sondern Sie werden die Regimenter ein und andere Mouvements machen lassen, wie solche Höchstderoselben einfallen. Von dem Regimente, welches solche am besten machen wird, kann man gewiss schliessen, dass es am besten in Ordnung sei, und wird solches auch den meisten Dank davon haben.
27.
Letztlich befehlen Seine Königliche Majestät alles Ernstes, dass bei jeder Compagnie Cavallerie von sechs und sechzig Mann allemal absolut dreissig bis vierzig Ausländer, und bei jeder Escadron Dra<120>goner von hundert zwei und dreissig Mann, achtzig bis neunzig Ausländer sein sollen, und wenn einer davon abgehet, so soll der Chef oder Commandeur des Regiments dahin sehen, dass in der Stelle schlechterdings ein anderer Ausländer wieder angeworben werde, so dass bei einer Compagnie von der Cavallerie nicht mehr als zwanzig bis fünf und zwanzig Landeskinder, und bei der Escadron Dragoner vierzig bis fünfzig Landeskinder stehen sollen, wofür der Chef oder Commandeur des Regiments responsable sein soll.
Im Lager bei Kuttenberg, den 17. Juni 1742.
Friderich.