85. AN DENSELBEN.

Im Lager bei Heidelberg, den 22. September
1734.



Allergnädigster König und Vater,

Ohngeachtet es letztens hiess, der General Seckendorff würde weggehen, so hat ihm der Prinz gesaget, er müsse ihn noch auf einige Tage hier behalten. Gestein ist ein Courier aus Italien vom Feldmarschall Königsegg und heute sein Adjutant Graf von Saint-Pierre hier gekommen mit der Zeitung, dass die Kaiserlichen mit einem Detachement von zehn tausend Mann die französische Armee surpreniret hätten, und wären die Franzosen in Hemden geflohen. Die Kaiserlichen haben das völlige Lager, <83>Pferde, Maulthiere, Silberzeug, Geld, endlich Alles, nebst vier hundert Mann, gefangen gekriegt, und der Marechal de Broglie3_92-a hat sich im Hemde, die Hosen in der Hand, salviret. Ich habe diese Zeitungen heute Mittag an des Prinzen Tafel vom Baron de Saint-Pierre gehöret. Heute frühe habe ich das Alt-Badensche Regiment, welches nach Italien marschiret, von hier aufbrechen sehen; es fehlen ihnen vier hundert Mann, Heute habe auch die Hessen alle vor dem Herzog von Bevern exerciren gesehen; sie sind in zwölf Pelotons eingetheilet und feuern erstlich vom rechten und linken Flügel nach der Mitte zu, auf der Stelle avanciren und retiriren, darnach mit Pelotons aus Divisionen chargiren ebenfalls; Division-Feuer haben sie nicht. Hierauf haben sie das Carre gemacht, eben wie wir das langsame Carre mit einem Bataillon machen; dann schiessen sie mit Pelotons aus dem Carre, dann gliederweise, dann mit ganzen Flanken; die Grenadiers werfen die Granaten aus dem Carre heraus; und wenn sie mit ganzen Flanken geschossen haben, so kommt ein Peloton Grenadiere aus jeder Ecke vom Carré und thut eine Salve, dann steckt das erste Glied Musketiere Baïonnette auf und avanciret im Carre mit gefälltem Gewehr, und das zweite und dritte Glied mit blossen Säbeln, als wenn sie einbrechen wollten; dann ist das Chargiren vorbei. Nur habe vergessen dabei zu notiren, dass die Grenadiers drei Pelotons machen, eines auf dem rechten Flügel, eines in der Mitte bei den Fahnen, und eines auf dem linken Flügel, und die ganze Chargirung haben sie nach dem Trommelschlag gemachet; geplackert haben sie ziemlich, und wenn sie den Hahn aufziehen, so setzen sie die Kolbe an das rechte Knie. Es werden seit drei Tagen viele Commandirte von der Armee gegeben, um den Leimer Graben zu fortificiren. Morgen werde hinreiten und meinem allergnädigsten Vater mit. ehestem ein Mehreres davon schreiben. Ich hoffe mit ehestem die gute Zeitung von meines allergnädigsten Vaters glücklicher und gesunder Ueberkunft zu kriegen,3_93-a zu Dessen hoher Gnade ich mich ganz unterthänigst empfehle und verharre in tiefstem Respect und Submission, u. s. w.

<84>Hier haben sie eine Art Tabacksdosen, welche sie Depouilles3_93-b nennen; dar nehme mir die Freiheit, meinem allergnädigsten Vater eine davon zu schicken, in Hoffnung, dass Ers mir nicht ungnädig nehmen wird.


3_92-a Siehe Band I., S. 193, und Band XIV., S. 185.

3_93-a Siehe Band XXVII. I, S. 20 ff.

3_93-b Dieses Wort ist undeutlich geschrieben.