<143>

XVI. DISPOSITION, WIE ES BEI VORGEHENDER BATAILLE BEI SEINER KÖNIGLICHEN MAJESTÄT IN PREUSSEN ARMEE UNVERÄNDERLICH SOLL GEHALTEN WERDEN, WORNACH SICH AUCH SOWOHL DIE GENERALITÄT, ALS ANDERE COMMANDIRENDE OFFICIERE STRICTE ZU ACHTEN UND SOLCHES ZU OBSERVIREN HABEN.[Titelblatt]

<144><145>

DISPOSITION. WIE ES BEI VORGEHENDER BATAILLE BEI SEINER KÖNIGLICHEN MAJESTÄT IN PREUSSEN ARMEE UNVERÄNDERLICH SOLL GEHALTEN WERDEN. WORNACH SICH AUCH SOWOHL DIE GENERALITÄT, ALS ANDERE COMMANDIRENDE OFFICIERE STRICTE ZU ACHTEN UND SOLCHES ZU ORSERVIREN HABEN.

1.

Die Avantgarde soll nicht weiter als eine halbe Meile der Armee vorgehen und alle mögliche Precaution gebrauchen, des Feindes Anstalten zu recognosciren.

2.

Die Armee, so in Colonnen, soll eine Meile vom Feinde Halt machen und sich in Ordre de bataille stellen.

3.

Wenn die Armee bis so weit avanciret, werden die Regimenter so, wie es Ihro Königliche Majestät befehlen, rangiret.

4.

Das letzte Treffen marschiret, laut Reglement, drei Mann hoch auf, und muss wohl observiret werden, dass alles geschlossen und in grader Linie stehet.

<146>5.

Die Herrn Brigadiers reiten ihre Brigaden auf und ab und encouragriren ihre Leute zu ihrem Devoir.

6.

Solches müssen die Commandeurs der Regimenter. Hauptleute und andere Subalternen, so Pelotons commandiren, ebenfalls thun und es den Soldaten so leicht als möglich machen.

7.

Die Unter-Officiere, so zwei Schritt weit hinter dem Bataillon stehen, müssen die Leute nicht confus machen, auch nicht unnöthig plaudern, sondern wohl auf dieselben Acht haben.

8.

Wenn ein Soldat sich währendes Treffens nach der Flucht umsehen sollte, und zwar einen Fuss breit aus der Linie sich begiebet, soll der hinter selbem stehende Unter-Officier selben mit dem Kurzgewehre auf der Stelle durchstechen und massacriren.

9.

Weil Seine Königliche Majestät bei der letzten Bataille bei Chotusitz158-a observiret, dass die besten Soldaten bei der Bagage gewesen, als wird solches aufs schärfste verboten, und sollen die Offciere bei Ehre und Reputation, auch bei Leib und Leben dafür stehen.

10.

Da ohnedem die Bagage von mehrten Leuten der Regimenter bedeckt wird, als sollen zur Bewachung der Officier-Equipage mehr nicht denn drei Capitaines d'armes von jedem Regimente, nebst den Maroden und Kranken (so nicht mitagiren können) commandiret werden.

<147>11.

Die Regiments-Stücke nebst anderer Artillerie, so Ihro Majestät mitführen lassen, sollen ohngefahr zwei hundert Schritt vor der Linie ersten Treffens aufgeführt werden.

12.

Die Grenadiere sollen hinter dem ersten Treuen, auf dem rechten und linken Flügel und in der Mitte postiret werden.

13.

Drei Brigaden Grenadiere, jede zu vier hundert Mann, souteniren die Cavallerie des rechten Flügels, drei des linken Flügels: die übrigen bleiben in der Mitte ersten Treffens stehen und werden employiret, wo Seine Majestät oder der commandirende General es ä propos befindet.

14.

Wenn die Cavallerie, so zum Einbrechen ausrücket, sich, wie bei Mollwitz, vom Feinde repoussiren lassen sollte und ihr Devoir nicht rechtschaffen thut, sollen die Grenadiere auf selbe Feuer geben, sollten sie auch alle herunter geschossen werden.

15.

Die Majors und Adjutanten haben fleissig darauf zu sehen, dass die Soldaten keine Oeffnung machen, und müssen die Linien des Bataillons beständig auf- und abreiten, allen Unordnungen in Zeiten vorzubeugen.

16.

Das Corps de reserve soll aus achtzehn Escadrons Cavallerie und sechs Bataillons Infanterie bestehen und sollen zwanzig Schritt hinter der Linie ersten Treffens, auf dem rechten und linken Flügel, wie auch in der Mitte postiret werden, nur Ordre erwartend, wo man ihrer benöthigt ist.

<148>17.

Die Husaren defiliren auf den Flügeln der Armee und observiren die feindlichen Attaquen, agiren wo es nöthig und für gut befunden wird.

18.

Wenn das Treffen hitzig und viele Soldaten bleiben sollten, rücket ein Regiment vom rechten und eines vom linken Flügel zweiten Treffens hinter das erste und ergänzen die erste Linie, wo es die commandirenden Generale und Brigadiers für nöthig befinden werden.

19.

Das zweite Treffen rangiret sich hinter dem ersten und bleibet währendes Treffens, mit scharf geschultertem Gewehr, acht hundert Schritt weit darhinter stehen, und sollen die Officiere bei infamer Cassation darauf halten, dass kein Soldat ausser der Linie des zweiten Treffens austrete.

20.

Jeder Officier, so ein Peloton commandiret, soll das Gewehr seiner Soldaten visitiren, ob etwa das Pulver von der Pfanne abgefallen und alles in gutem Stande ist, sonst es geschwinde zu redressiren ist.

21.

Den Soldaten muss angesaget werden, dass sie beim Chargiren recht ins Feuer sehen und gut auf halben Mann anschlagen, damit nicht Pulver und Blei mal a propos verschossen wird, weshalb auch die commandirenden Officiere den Mann im Anschlag gut und fest, damit er recht fest zielen kann, liegen lassen müssen.

22.

Nach diesem werden Seine Königliche Majestät, oder der <149>commandirende General-Feldzeugmeister161-a oder General-Feldmarschall aus der Mitte das General-Signal durch drei Kanonenschüsse geben lassen, da denn die sämmtliche Artillerie mit Geschwindschüssen den Feind in Confusion zu bringen so lange continuiret, bis es Seine Königliche Majestät durch Dero General-Adjutanten inhibiren lässet.

23.

Die Artillerie-Hauptleute und Lieutenants müssen die Kanonen selbst richten und sich nicht auf die gemeinen Kanoniere verlassen.

24.

Wenn zu kanoniren aufgehöret, wird ebenfalls das Signal zum Angriff aus drei Kanonen gegeben werden.

25.

Wenn die Armee, gut geschlossen, ohngefähr zwei hundert Schritt an den Feind avanciret ist, soll, die Leute zu confundiren und ins Feuer zu bringen, pelotonsweise und ordentlich gefeuert werden.

26.

Das erste Treffen rücket in vollem Avanciren und continuirlichem Chargiren an und muss wohl darauf gesehen werden, dass kein Regiment vor- und das andere zurückbleibe.

27.

Die Officiere müssen beim Avanciren laut commandiren und einen Schritt vor dem Peloton stehen, dass die Leute das Commando gut hören und nicht mit unegalen Schüssen einer den andern blessiren.

<150>28.

Wenn die feindliche Cavallerie oder Husaren das erste Treffen durchbrechen sollten, muss das Regiment, wo durchgebrochen ist, sich rechts umkehren und gegen den Feind chargiren.

29.

Wenn die Victorie auf Seiner Königlichen Majestät Seite fället und der Feind zum Retiriren gezwungen wird, soll dennoch im Avanciren, mit continuirlichem Feuer, angehalten werden.

30.

Den Feind zu verfolgen wird die Cavallerie und Husaren von beiden Treffen ausrücken, was aber von Infanterie folgen soll, werden Seine Königliche Majestät oder der commandirende General-Feldmarschall selbst anbefehlen.

31.

Wenn der Feind in der Flucht, soll sich kein Soldat bei Lebensstrafe unterstehen aus der Linie zu laufen, um Beute zu holen und Todte zu plündern, wofür die Officiere responsable sein sollen.

32.

Das Uebrige der Armee, so auch aufmarschiret auf dem Platze de bataille, stehet, und zwar mit scharf geschultertem Gewehr, bis der commandirende General befiehlet, dass das Gewehr beim Fuss soll genommen werden; doch muss alles im Gliede still stehen bleiben.

Seine Königliche Majestät wollen, dass dieser Disposition bei vorfallender Occasion unveränderlich in allem nachgelebet werde.

Im Lager bei Schweidnitz, den 1. Juni 1745.


158-a Der Name Chotusitz ist in der von uns benutzten Copie ausgelassen.

161-a Der kaiserliche Feldmarschall Samuel Graf von Schmettau wurde von Friedrich den 12. Juni 1741 zum Grand maître de l'artillerie ernannt. Siehe Militair-Wochhenblatt. 1830, Nr. 4., S. 14-16. Es ist uns aber nicht bekannt, ob derselbe im zweiten Schlesischen Kriege bei der Armee erschienen.