XXIX. INSTRUCTION FÜR DIE COMMANDEURS DER REGIMENTER UND BATAILLONS.[Titelblatt]
<326><327>INSTRUCTION FÜR DIE COMMANDEURS DER REGIMENTER UND BATAILLONS.
AN DEN GENERAL-MAJOR VON STEINKELLER.
Potsdam, den 5. Februar 1778.
MEIN LIEBER GENERAL-MAJOR VON STEINKELLER,
Ich überschicke Euch hiebei eine von Mir selbst gemachte Instruction für die Commandeurs der Regimenter und Bataillons, was sie nämlich, wenn es zum Marsch kommt, zu observiren haben, und ist Meine Intention hierunter die, dass Ihr solche abschreiben lassen sollet für jeden Commandeur eines Bataillons bei Eurer Inspection357-a und, sobald wie die Ordre kommt, dass die Pferde sollen gekauft werden, so soll diese Instruction den Commandeurs mit der Ordre gegeben werden, dass sie solche den Officieren von ihrem Bataillon mit vorlesen sollen. Ihr werdet also dieses gehörig besorgen. Ich bin Euer wohlaffectionirter König,
Friderich.
<328>INSTRUCTION.
Wenn es zum Marsch kommt, werden diese Puncte die Stabs-Officiere zu observiren haben :
1.
Wenn sie in Cantonnirungs-Quartiere marschiren, dass sie beständig die Cameradschaften zusammenlegen, wobei entweder ein Unter-Officier oder Gefreiter bei der Cameradschaft muss präsidiren, welcher den Tag vor dem Marsche mit seiner ganzen Cameradschaft vor des Capitains Quartier kommen muss.
2.
Auf den Märschen, wie bei allen Gelegenheiten, muss mit grösster Rigueur daraufgehalten werden, dass die Officiere beständig bei ihren Zügen bleiben; wo Défilés sind, muss der Commandeur an dem Défilé halten bleiben, dass das ganze Bataillon ordentlich und gut durchmarschiret. Wenn die Armee zusammenkommt und in Colonnen marschiret, muss ebenmässig daraufgehalten werden.
3.
Es müssen so wenig Wagen mitgenommen werden als möglich, des Commandeurs sein Wagen und einer per Compagnie; das Uebrige muss alles auf Pferden transportirt werden.
4.
Wenn die Armee in das Lager rücket, so ist das Terrain, wo die Feldwachen und Schildwachen stehen, dasjenige, wo bei entstehendem Alarme oder nächtlichem Rumore das erste Treffen vorrücken muss, und das zweite Treffen auf den Parade-Platz von dem ersten.
5.
Bei einem zu entstehenden Alarme des Nachts ist der Commandeurs ihre Schuldigkeit, wenn sie auf den Posten gerücket <329>sind und hören den geringsten Alarm, dass sie gleich mit ganzen Bataillons niedrig anschlagen und chargiren lassen. Imgleichen auch die Kanonen, die sie neben sich haben, weil ein Posten sich nicht anders defendiren kann, als mit Feuer, und da es möglich ist, dass durch die Negligence der Feldwachen und Vorposten der Cavallerie der Feind bis an den Posten dringe, welcher nicht anders kann, als durch das Feuer der Infanterie und Artillerie defendiret werden, und absonderlich, weil die Dunkelheit der Nacht verhindert, dass man sehen kann, so ist es immer besser, dass einige Patronen in den Wind verschossen werden, als dass der wirkliche Ort, wo der Feind attaquiret, nicht defendiret werde.
6.
Wo Höhen sind, wird das Lager en bataille aufgeschlagen; wo Plainen sind, en parade.
7.
Um zu verhindern, dass Espions und verdächtige Leute einpassiren, wodurch ein Haufen Schade geschehen kann, so müssen die Officiere, so Feldwachen haben, sehr wohl instruiret weiden, dass sie keinen Menschen in das Lager einpassiren lassen, als den sie wohl examiniret haben, und sollten sie wo verdächtige Leute dabei finden, so müssen sie solche sofort arretiren und dem Commandeur von dem Regimente melden lassen, dass er sie weiter examiniret oder sogar nach dem Hauptquartiere schicket.
8.
In warmen Tagen auf Märschen, wenn ein Halt in der Colonne vorkommt, so weiden sich die Officiere von dem Bataillon bei Seiner Majestät verantwortlich machen, wofern sie leiden, dass die Bursche Wasser trinken. Es wird aber Essig bei den Regimentern abgeliefert werden, und wenn die Bursche im Marsch bleiben, dass kein Halt gemacht wird, so können sie Wasser, wo ein paar Tropfen Essig darunter gethan, welches ihnen keinen Schaden thun kann, trinken.
<330>9.
Wenn Actiones in einer Plaine vorkommen, so müssen die Officiere, die hinter den Bataillons, desgleichen auch die Unter-Officiere, wohl Acht haben, dass die Leute nicht plündern, und wenn hier und da wo durch Kanonenfeuer eine kleine Confusion entstände, so müssen die Officiere sowohl wie die Unter-Officiere die Bursche wieder in die Glieder hineinschieben und beständig ein wachsames Auge auf sie haben.
10.
Gegen die Infanterie ist es immer besser, dass Bataillons-Feuer gemacht wird, und können die Capitains, so auf den Flügeln von den Bataillons stehen, eine grosse Hülfe geben, wenn die Pelotons gegen die feindliche Artillerie und Artilleristen schiessen. Sechs Bataillons-Salven müssen genug sein, um den Feind in die Confusion zu bringen, und muss der Commandeur von dem Bataillon alsdann commandiren : Bursche, mit dem Bajonnett herein! so läuft der Feind fort. Sowie der Feind fort, muss er suchen in seinem Bataillon wieder ein wenig Ordnung zu machen, indem er nothwendig mit einem zweiten frischen Treffen muss zu thun haben. Sollte es aber nur sein, dass der Feind auf einer Höhe attaquiret würde, so müssen die Officiere anfalle Weise verhindern, dass die Bataillons nicht eher feuern, bis dass sie auf die Höhe hinauf sind, weil, je mehr sie sich unterweges aufhalten, je mehr verlieren sie Leute, und der Feind immer doppelte Avantage hat, der von oben herunter schiesset gegen die, so von unten hinauf schiessen.
11.
Diejenigen, so nach der Campagne auf Postirung commandiret werden, die müssen vorerst für die Sicherheit ihres Postens sorgen. Sind sie in Dörfern, so ist kein anderes Mittel, als dass das Dorf ringsherum mit Pallisaden besetzet wird und dass an den Eingängen und andern Orten, so nach der Situation sich schicken, einige Flechen gelegt werden, die sich einander flankiren. Die Gräben vor den Flechen müssen zwölf Fuss breit und <331>zwölf Fuss tief sein, und können durch die Ingenieurs Flatterminen davor gelegt werden, wozu die Artillerie Pulver und Geräthe schaffen wird.
Wenn sie wohl etabliret in dem Posten sind, so muss wohl darnach gesehen werden im Anfang, dass die Hitze der warmen Oefen den Burschen keinen Schaden thut; deswegen müssen die ersten Tage die Fenster aufgemacht werden. Nachdem müssen die Compagnien in fünf Abtheilungen purgiret werden, zu sagen, heute der fünfte Theil einer Compagnie, morgen der andere, und so weiter. Hernach müssen die Compagnien in derselben Abtheilung, nach des Regiments-Feldscheers Gutbefinden, adergelassen werden. Nachdem, auf dass die Regimenter, so cantonniret haben, auch einige Ruhe geniessen und Zeit haben ihre Leute zu exerciren, so werden sie nach drei Monaten von andern Regimentern abgelöset werden, so im Winterquartier gestanden.
12.
Die übrigen Regimenter, die die Cantonnirungs- und Winterquartiere beziehen, müssen eben die Praecautiones wegen der Hitze der Oefen nehmen, und können sie, weil sie in Ruhe sind, die halbe Compagnie in einem Tage purgiren lassen, die andere den andern, ungleichen auch, nach des Regiments-Feldscheers Anweisung, den einen Tag die eine Hälfte aderlassen, den andern Tag die andere.
13.
Die Exactitude und die Ordnung muss beständig ohne Negligence beobachtet werden; die Recruten, so bei den Regimentern kommen, müssen mit allem Fleisse exerciret werden, damit sie so adroit wie die andern werden. In dem Frühjahre müssen die Regimenter so ordentlich und mit derselben Attention exerciret werden, wie es hier im Frieden geschiehet, und werden die Officiere, so solches negligiret haben, wenn die Regimenter in das Lager rücken, sich eine schlechte Reputation bei Seiner Majestät machen; hingegen diejenigen, so ihre Sachen in Ordnung gehalten haben, die werden sich beliebt dadurch machen und recommandiren.
<332>14.
Diejenigen Officiere, die sich durch ihre Bravour oder durch ihre Fähigkeit bei einer oder andern Gelegenheit distinguiren, werden sogleich mit einem Grade in der Armee avanciret werden. Imgleichen, sollten sich dergleichen mank den Unter-Officieren so vorthun, dass sie sich sehr distinguiren, so sollen sie nicht allein Officiere werden, sondern auch eines Adels-Patents sich verdient machen;363-a ungleichen, wenn bei gemeinen Burschen welche sind, die mehr thun wie die andern, sollen solche vorzüglich zu Unter-Officieren avanciret werden, und sollten sie sich vorzüglich durch ihre Bravour distinguiret haben, so soll es Seiner Majestät gemeldet werden.
357-a Siehe Band VI., S. 104. Anton Abraham von Steinkeller war Commandant von Berlin.
363-a Siehe Band XXVI., S. 498 und 499. Den beiden Lieutenants Johann Friedrich Sellin und Johann Georg Troll, vom Husaren-Regiment Usedom, welche der Prinz Heinrich am angeführten Orte. Seite 512, dem Könige rühmt, wurden, den 26. September und den 5. October 1778. Adelsbriefe verliehen. Der König spricht von den Usedomschen Husaren Band VI., Seite 175.