7257. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Potsdam, 9. Februar 1756.

Von der von Ew. Excellenz mir communicirten geschriebenen Zeitung habe ich heute Vormittag noch keinen Gebrauch bei des Königs Majestät machen können, weil Dieselbe Sich lediglich mit einer sehr amplen Dépêche an den Herrn von Knyphausen occupiret haben,92-1 welche morgen noch durch einen Expressen von hier an ihn nach Paris abgehen soll. Nach seinem Bericht ad manus regias bezeiget sich das französische Ministerium noch immer sehr inquiet über die von Sr. Königl. Majestät mit Engelland geschlossene Neutralitätsconvention, und entfahren M. Rouillé deshalb allerhand Menaces, ohnerachtet er von dem Duc de Nivernois noch dermalen keine Dépêches erhalten, noch die Convention oder deren Einhalt gesehen hat, mithin seinen Verdacht gegen den von Knyphausen zu erkennen gegeben, als ob des Königs Majestät ganz andere Mesures mit Engelland gegen Frankreich genommen haben möchte, als die nur bloss auf eine Neutralité von Teutschland abzieleten. Die nach Frankreich durch den Duc de Nivernois abgeschickte Dépêches nebst der diesem communicirten Abschrift der Convention und deren Article secret werden hoffentlich gedachten Minister Rouillé von seinem Irrthum und daher gefasseten Soupçons desabusiren und, wenn die erste Fougue passiret sein wird, ihn auf moderatere Gedanken bringen. Indess, da der Herr von Knyphausen sehr embarrassiret darüber zu sein anführet, dass er gar keine Nachricht von dem Einhalt der Convention hat und mithin, was er auf die Reproches, so ihm deshalb gemachet werden, antworten könne, in Verlegenheit stehet, so wollen des Königs Majestät, dass demselben mit dem morgen Mittag von hier abgehenden Courier eine fidèle Abschrift von der Convention und deren Article séparé et secret, jedennoch nur bloss und alleine zu seiner eigenen Direction und um von der Innocence der Convention überzeuget zu sein, mit zugesandt werden soll, unter dem expressen Verbot, solche Copie weder sonsten jemanden sehen noch lesen zu lassen, noch zu communiciren, nachdem der Duc de Nivernois solche ohnfehlbar schon an das französische Ministère geschicket hat.92-2

Da ich nun keine Abschrift von der Convention und deren Article secret hier habe, als nur so viel die ersteren Projets davon angehet, die aber nicht datiret sein, so muss Ew. Excellenz ganz gehorsamst bitten, ohnbeschwer aus denen dortigen Originalien mir ohnvorgreiflich durch den Geheimen Rath Warendorff, oder wie es sonst gefällig sein wird, [eine Abschrift] gegen morgen früh noch zukommen zu lassen, auf dass ich solche noch der Dépêche an den Herrn von Knyphausen mit beifügen kann. Ich werde übrigens nicht ermangeln, Ew. Excellenz dagegen wiederum einen fidelen Extract sowohl aus dem Schreiben des<93> Herrn von Knyphausen ad manus, als auch aus der darauf an ihn ergehenden Dépêche zu communiciren,93-1 wie es ohnedem Sr. Königl. Majestät Befehl ist, damit Ew. Excellenz etwa mit dem Duc de Nivernois bei vorfallenden Gelegenheiten in gleichem Ton sprechen können, wiewohl diese Dépêche wenig enthält, so Ew. Excellenz nicht vorhin bereits völlig bekannt wäre.

Eichel.

P. S.

Die in beikommendem Paquet mit erfolgende Pétition générale93-2 ist von dem p. von der Hellen mit letzterer Post eingesandt worden.

Nach der Ausfertigung.



92-1 Nr. 7258.

92-2 Vergl. S. 68.

93-1 Vergl. Nr. 7273.

93-2 Der den Generalstaaten vorgelegte Staatshaushaltsentwurf für 1756.