7465. AN DEN LANDGRAFEN VON HESSEN-CASSEL IN CASSEL.
Potsdam, 28. April 1756.
Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ich entrire völlig in allen denjenigen Embarras, welchen Ew. Durchlaucht durch die in Dero freundvetterlichen Schreiben vom 24. dieses Mir vertraulichst eröffneten ganz ohnvermutheten Propositionen, so Deroselben der General Pretlack wegen Dero Erbprinzen Liebden gethan,300-6 empfinden müssen; Ew. Durchlaucht kennen auch Meine Neigung, um alles mögliche beizutragen, was nur einigermaassen zur Verminderung der Verlegenheit, worin Dieselbe Sich bei den jetzigen Umständen sehen, etwas beitragen kann. Wie aber der jetzige Vorfall von der Beschaffenheit ist, dass Ich vor ohnumgänglich nothwendig finde, darunter nicht sonder Concert mit des Königes von Grossbritannien Majestät, als Mitgarantens der von Ew. Durchlaucht getroffenen Arrangements zur Versicherung der Religion in Dero Landen, zu gehen und denn derjenige Minister, welchen gedachtes Königs Majestät an Meinen Hof absenden, nächster Tagen allhier eintreffen wird, so werde Ich Mich auch mit demselben<301> darüber umständlich expliciren, um zu vernehmen, wie eigentlich erstere darüber denken, welche dero Gedenkensart deshalb zu hören Mir so nothwendig als billig zu sein scheinet; wovon dann auch Ew. Durchlaucht hiernächst das weitere Meines Ortes zu eröffnen nicht ermangeln werde. Indess da Ew. Durchlaucht annoch Herr von des Erbprinzen Liebden und des allerdinges sehr heilsamen Entschlusses sein, auf alle Weise zu verhindern, dass der wienersche Hof wenigstens bei Dero Lebzeiten seine führende Absichten mit des Erbprinzen Liebden nicht erreichen könne, so weiss Ich vor der Hand kein anderes Mittel übrig, als dass Ew. Durchlaucht von Dero Erbprinzen eine Declaration fordern, nicht in österreichische Dienste gehen zu wollen, als welches Meines Erachtens alles dasjenige ist, so Dieselbe darunter thun können.
Und da übrigens nicht zu zweifeln ist, dass man von Seiten des österreichischen Hauses sowie auch verschiedener anderen römischkatholischen Fürsten alles versuchen werde, was die von Ew. Durchlaucht getroffene Arrangements derangiren kann,301-1 so muss Ich nach Meiner gegen Dieselbe gewohnten Aufrichtigkeit bekennen, wie Ich nebst allen wohlgesinneten evangelischen Fürsten und Ständen Ursache habe, Unsere Wünsche vor die Verlängerung Ew. Durchlaucht Lebens bis auf die spätesten Zeiten menschlichen Alters zu thun, da nicht sonder allen Grund zu besorgen stehet, dass nach Deroselben dereinst erfolgenden Ableben des Erbprinzen Liebden sich schwerlich zurückhalten lassen werden, um nicht in österreichische Dienste zu gehen und alsdenn sich in alle daher besorgliche gefährliche Folgen, obschon zu dero eigenen grossesten Schaden und Nachtheil einflechten zu lassen. Ich bin mit der vollenkommensten Freundschaft und Hochachtung Ew. Durchlaucht freundwilliger Vetter
Friderich.
P. S.
Daferne auch Ew. Durchlaucht durch die fortdauernde Gegenwart des General Pretlack zu Cassel in gewisser Maasse geniret und einigen Embarras haben sollten, so stelle Ich Deroselben anheim, ob Dieselbe etwa convenable erachten, gedachtem General zu eröffnen, dass dessen Antrag von der Beschaffenheit wäre, dass Ew. Durchlaucht Sich desfalls zu keiner positiven Erklärung entschliessen könnten, bevor Dieselbe nicht zuforderst Sich mit denen Garanten derer dort getroffenen Arrangements darüber consultiret haben würden; dabei dann gedachtem General zu insinuiren, dass nach darüber eingeholten Sentiments derer Garantens Ew. Durchlaucht Sich gegen des Kaisers Majestät darüber schriftlich zu expliciren nicht ermangeln wollten. Ich überlasse jedennoch lediglich und allein Ew. Durchlaucht Gutfinden, was Dieselbe darunter von Dero Convenance zu sein erachten werden.
Nach dem Concept.
<302>300-6 Ueber den Inhalt des Schreibens des Landgrafen vergl. Nr. 7469. 7470. 7474.
301-1 Vergl. S. 257. 289.