7536. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.
Potsdam, 2. Juni 1756.
Ew. Excellenz melde ganz gehorsamst, wie Deroselben des Königs Majestät die gesuchte Erlaubniss, zum Gebrauch der vorhabenden Kur den 8. dieses auf vier Wochen nach Dero Gut Fredersdorf zu gehen, accordiret haben und morgen die Expedition darüber erfolgen wird.
Von des Herrn Grafen von Finckenstein Excellenz habe wegen des Königs von Polen Majestät Reise373-6 heute früh nichts erhalten und ver<374>muthe daher, dass diese Anfrage bereits zu Berlin zurückbehalten worden sein wird.
Das einliegende Königliche Handschreiben374-1 an Ew. Excellenz betrifft einen sehr importanten Avis, welchen der Herr von Knyphausen in seiner heute allhier angekommenen immediaten Dépêche an des Königs Majestät gegeben. Ich beziehe mich der Kürze halber auf dessen Einhalt, bin aber vor mein weniges Particulier fast der Meinung, wie der Herr Mtchell nicht übel thun dörfte, wann er seinen Hof durch einen, jedoch bessern Courier als den letztern,374-2 oder doch in einer wohl chiffrirten Dépêche davon avertire. Ich sehe vor meine Wenigkeit wohl ein, dass es wohl eben nicht das rechte Tempo sein dörfte, dergleichen dort gelten zu machen, nachdem nur allererst kurz [zuvor] die präcipitante Kriegesdeclaration374-3 geschehen ist. Es ist aber dabei doch einmal wahr, dass, nachdem Frankreich nach den heutigen Dépêches des Herrn von Knyphausen und des von Klinggräffen374-4 sich in avantageuser Situation siehet und dennoch Inclination zum Frieden jetzo blicken lasset, solches entweder nun und in diesem Moment geschehen muss, oder aber der Krieg sehr weitläuftig und compliquiret werden wird.
Um auf vorerwähnten englischen Courier nochmals zu kommen, so überlasse Ew. Excellenz Einsicht und beliebigen Gefallen, ob nicht der Michell zu London in etwas von dieser Aventure und wie solche bisher geendiget hat, jedennoch bloss und allein zu seiner Direction, zu informiren sei, wann etwa das englische Ministère davon mit ihm sprechen sollte. Ueberdem ist wohl alle Apparence, dass die verlorene Dépêche des Herrn Mitchell nicht in fremde Hände gekommen, sondern von dem diebischen Gesindel mit verbrannt worden; da aber der Hauptdieb noch nicht attrapiret, noch man recht zuverlässig wissen kann, wo eigentlich die Hauptdépêche geblieben, so bin ich noch nicht ohne alle Beisorge, da überdem die arretirte Complices in ihrer Aussage darüber nicht allerdings einig seind, dass entweder der Hasard oder auch der Vorsatz diese Dépêche in übele Hände gebracht, worüber ich dann mich heute noch umständlich gegen den Herrn Geheimen Rath Kircheisen expliciret habe.
Des Königs Majestät hatten bereits befohlen, dass dem Michell die Umstände wegen der verlorenen Valise geschrieben werden sollten, als aber nachher die Nachricht kam, dass solche in gewisser Maasse wieder gefunden, so ist es unterblieben. Inzwischen des Königs Majestät mir die Gnade gethan, zu sagen, wie Sie mit dem Herrn Mitchell schon umständlich gesprochen hätten,374-5 wie es ohngefähr anzugreifen sei, dass,<375> wenn die Dépêche quaestionis in übele Hände gerathen, dennoch daher keine übele Suiten noch Préjudice erwachsen könne. Ich hoffe, der Herr Mitchell wird sich durch die Freude der wiedergefundenen Valise nicht haben abhalten lassen, an seinem Hofe guten Gebrauch davon zu machen.
Anlangend die Doléances, so der Graf von Broglie nach dem letzteren Bericht des Herrn von Maltzahn zu Dresden375-1 über einen gewissen Articul in den berlinischen Zeitungen375-2 von einer von Seiten derer Franzosen verlorenen Seebataille geführet hat, so wollen Se. Königl. Majestät, dass der Herr von Maltzahn gedachten Grafen von Broglie von seiner deshalb gefasseten irrigen Meinung bedeuten und ihm sagen soll, wie es falsch sei, dass die berlinische Zeitung eine Hofzeitung sei, indess der Verfasser dererselben diesen Articul aus anderen vorher schon publicirten Zeitungen, davon ein oder andere zu benennen sei, genommen und simplement ohnüberleget nachgedrucket hätte p.375-3 Welches ich auf Befehl Ew. Excellenz melden soll.
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
373-6 Vergl. Nr. 7535.
374-1 Nr. 7537.
374-2 Vergl. S. 359 Anm. 2.
374-3 Die englische Kriegserklärung vom 17. Mai war am 18. Mai durch Michell eingereicht worden. Vergl. S. 357.
374-4 Berichte Knyphausen's, Paris 24. Mai, Klinggräffen's, Wien 26. Mai. Vergl. Nr. 7545. 7546.
374-5 In Berlin, am 30. Mai; Bericht Mitchell's, an Holdernesse, Berlin 3. Juni (secret), [Public Record Office, London].
375-1 Bericht Maltzahn's, Dresden 28. Mai. Vergl. Nr. 7543.
375-2 Berlinische Nachrichten, Sonnabend 22. Mai.
375-3 Demgemäss Ministerialerlass an Maltzahn, Berlin 5. Juni.