8573. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Dresden, 1. Februar 1757.

Ew. Excellenz werden nicht ungnädig vermerken, wann ich bisher mit Uebersendung derer, den Abend vor meiner Abreise, zu Potsdam beliebten Expeditionen238-2 so lange angestanden habe; ich muss bekennen, dass mir dergleichen betrübte Expedition viele Mühe und innerliche Rührung gemachet, und ich damit immer trainiret habe, so lange ich noch einigen Rayon von Hoffnung gesehen, dass die das Herz ganz accablirende Umstände durch nur einige favorablere Évènements oder Conjoncturen sich ändern und bessern könnten. Wie aber die Aspecten dazu noch gar schlecht seind und uns bis dato verborgen bleibet, durch was vor Wege die göttliche Vorsicht unser Sort zu führen und zu lenken beschlossen hat, so habe ich nicht anders gekonnt, als nur die Hand an diese betrübte Arbeit zu legen, von welcher ich jedoch herzlich wünsche, dass ich in meinem Leben keine vergebenere als diese gethan haben und Ew. Excellenz keinen anderen Gebrauch als den davon machen mögen, solches alles nach glücklich hergestelletem Frieden und öffentlicher Ruhe in das Feuer zu werfen und, damit auch die Posterität nicht einmal eine Spur davon finde, völlig zu verbrennen. Ich habe solche sonsten mit allem Bedacht von dem Tage Sr. Königl. Majestät Abreise von Berlin datiret.

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Es ist ganz ohnbegreiflich, wie auch Feuer, Wasser und sonst ganz incompatible Elemente und Materien sich mit einander liiren und mit solchem ohnerhöreten und nie gelesenen Acharnement agiren kann, dass niemand einmal denket oder überleget, was dann am Ende, wenn auch, da Gott vor sei! am Ende das detestable Complot in allen Stücken renssiren sollte, vor einen jeden, das Haus Oesterreich ausgenommen, daraus werden wollte, und was jeder vor ein Sort alsdann zu gewarten hat. Ew. Excellenz ist bekannt, wie gross meine Betrübniss, Accablement und Désespoir bereits gewesen, als nur die Ursachen dieser betrübten Begebenheiten auf dem Tapis noch waren und man sich alle Suiten davon in einer Perspective, obschon fast nicht so sehr, wie solche erfolget, vorstellen können. Es war aber die traurigste Fatalité, dass unser Sort auch wider Willen, uns just, so zu sagen, auf den Platz und der Stelle hinführete, wo unsere mortelle Feinde uns erwarteten und haben wollten, um uns mit gezogenen Dolchen zu assassiniren. Gott, der inzwischen noch Richter ist, mache in Gnaden alle boshafte und dem ganzen gemeinen Wesen überall höchst pernicieuse Anschläge zu Schanden und führe des Königs Majestät durch jetzo ohnbegreifliche Wege, wie es des Höchsten Providence conforme ist, aus diesen höchst verworrenen Umständen oder lasse mich wenigstens eines gänzlichen Bouleversements meines Vaterlandes nicht erleben.

Von Ew. Excellenz beharre ich inzwischen mit dem allervollkommensten Respect und getreuesten Attachement Ew. Excellenz ganz unterthänig treuester Diener

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



238-2 Gemeint sind die „Ordre an das gesammte Etatsministerium“ und die „Ordre an das Gouvernement von Stettin“ , die als vom 12. Januar datirt, bereits oben unter dem 12. Januar Aufnahme gefunden haben. Vergl. Nr. 8522. 8523.