8811. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN IN ZITTAU.

Lockwitz, 3. April 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Der Generalmajor von Goltz, welcher Ew. Liebden dieses Mein Schreiben selbst überreichen wird, ist von Mir befehliget, Deroselben, und zwar alleine und unter vier Augen, ein gewisses höchst importantes, aber auch zugleich sehr secretes Project wegen gewisser Operationen von Meinetwegen zu eröffnen,459-4 woran Ich bisher gearbeitet, aber damit noch zurückgehalten habe, und davon Ich Ew. Liebden ein ohnverbrüchliches Geheimniss auf Ehre und Reputation recommandiren muss, dergestalt,<460> dass Ew. Liebden mit keinem Menschen anders als gedachtem Generalmajor von Goltz und allenfalls und zum höchsten mit dem Obristlieutenant von Oelsnitz,460-1 nachdem Sie demselben vorher auch das Secret davon auf Ehre und Leben eingebunden haben werden, sprechen, noch Sich etwas davon äussern sollen. Ew. Liebden werden also mit mehrgedachtem Generalmajor von Goltz das erforderliche Concert darüber nehmen und alles mit ihm wohl verabreden.

Um aber Deroselben inzwischen in Dero jetzigen Position Sicher heit zu geben, so werde Ich, ohngefähr den 4. oder 5. dieses, Détachements von hier aus über Meine bei Pirna geschlagene Elbbrücke nach der Gegend von Schluckenau schicken, um den Feind allda zu alarmiren und von der Seite zu amusiren.460-2

Der Generalmajor von Goltz wird Ew. Liebden unter andern expliciren, wie dass, wenn der Generalfeldmarschall Graf von Schwerin seines Ortes losbrechen wird, Dieselbe alsdenn Dero Ortes drei oder vier Tage darauf gleichfalls zu agiren anfangen, so dass, wenn gedachter Generalfeldmarschall die Scene den 15. dieses eröffnet, Ew. Liebden sodann den 18. oder 19. dieses Sich zu bewegen anfangen.

Ich überschicke auch Ew. Liebden durch ermeldeten Generalmajor einen Chiffre, dessen Dieselbe Sich alsdenn mit dem Generalfeldmarschall Schwerin zur Correspondance bedienen können, als welches der Chiffre ist, welchen Ich Selbst mit demselben habe, und welchen Ew. Liebden also auf das sorgfältigste unter Dero eigenen Bewahrung zu halten haben werden. In solcher grosser und importanter Angelegenheit können Ew. Liebden mit dem Generalfeldmarschall, so lange es nöthig sein wird, nicht anders als en chiffres correspondiren, und müssen Dero Schreiben an ihn nicht anders als durch und durch en chiffres gesetzet sein, wobei Ew. Liebden noch die Précaution zu nehmen haben, dass Sie jeden Brief, welchen Sie an den Feldmarschall schicken, doppelt en chiffres abschreiben lassen und zwei Feldjägers damit absenden, auf dass, wenn ja einer von solchen von dem Feinde aufgehoben würde, der andere dennoch gewiss an Ort und Stelle komme. Es müssen auch in solchen Dero chiffrirten Schreiben gar keine Titulaturen noch Curialien gebrauchet, sondern der Brief nur simplement unterschrieben, und, was noch sicherer ist, nicht einmal eine Aufschrift darauf gemachet werden, auf dass, wenn ja ein Feldjäger mit solchem verloren ginge, niemand wissen könne, an wen der Brief eigentlich gerichtet gewesen, der Feldjäger aber sagen kann, er sei an Mich oder an sonsten jemanden anders adressiret worden, maassen sonst der Feind, auch aus der puren Adresse oder Curalien, urtheilen kann, dass was besonderes vor sein müsse.

Ich beziehe Mich auf alles dasjenige, so der Generalmajor von Goltz an Ew. Liebden vertraulich sagen wird von demjenigen, was von dieser<461> Seite und was von jener Seite geschehen wird, um auf alles vollenkommen instruiret zu sein. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Ich recommandire bei dieser Entreprise die schärfste Discipline; ich will durchaus nicht, dass Plündereien verstattet werden, wodurch Unordenung, Libertinage und Desertion erfolget. Sie müssen das Corps in der schärfsten Mannszucht halten und mir sowohl vor der Execution als auch der strengsten Discipline bei dem Corps repondiren.

Friderich.

Nach der Ausfertigung. Der Zusatz eigenhändig.



459-4 Vergl. Nr. 8795. 8810.

460-1 Vergl. S. 411. 459.

460-2 Vergl. S. 458. 473.