<332> von Artilleristen, weiter avancirten und auf die Mitte des Feindes und dessen rechten Flügel dringen mussten. Hier fanden wir aber von beiden Seiten lauter mit schwerer Artillerie garnirte Retranchements, Grabens von ungemeiner Tiefe und in dem Walde bei Daupelken drei Batterieen hinter einander. Alles dieses würde man dennoch zu übersteigen gesuchet haben; allein die Garnisonregimenter aus dem Hintertreffen schiessen aus einer fatalen Bévue auf die Vorderlinie, feuern auf unsere eigene Leute und erregten dadurch nicht allein die Confusion, sondern auch, dass man [, da man] an 20 Mann hoch stand, daher durch das unglaubliche Kartätschenfeuer desto mehr litte. Es war nicht mehr möglich, die Leute von der Retraite abzuhalten, und ich musste mich zurückziehen und das hiesige Lager zwischen der Alle und dem Pregel nehmen. Beide vorher gemeldete Kriegsgefangene machten sich hiebei, da [wir] sie in Ermangelung der Wagens nicht gleich anfangs fortschaffen können, aus unsern Händen los, und zwar Lapuchin mit Zurücklassung seines Ordens vom Alexander-Newski, welchen er dem Unterofficier, so ihn zum Gefangenen gemachet, zur Versicherung seines Verbleibens eingeliefert. Unsern Verlust kann noch nicht bestimmen; höchstens ist derselbe an Todten, Blessirten und Vermisseten etwa über 3000 Mann. Der Feind hingegen muss dreimal so viel verloren haben, da alle Batterieen, die wir erstiegen, und die Oerter, wo wir avanciret, voller Leichen hoch auf einander lagen, der Feind uns auch nicht verfolgete. Unsere Infanterie hat Wunder, die Cavallerie ungemein brav und die Generalität insgesammt alles gethan, was man von ihnen nur erwarten konnte, und der Sieg ist auf die Seite des Feindes bloss ausgefallen wegen seines entsetzlich festen Lagers und unserer Garnisonregimenter unglücklicher Bévue. Der Feind war über 100,000 Mann in dieser Bataille stark, und seine Artillerie bestand aus mehr als 100 Stücken.“ Der Generallieutenant Graf Dohna sei verwundet, Major Goltz1 sei gefallen.

„Ew. Königl. Majestät muss aber wiederholentlich pflichtschuldigst anzeigen, wie meinen Körper kaum mehr tragen kann und meine Gemüthskräfte so abgenommen, dass ich unter der Last des hiesigen Commandos bei der Armee beinahe unterliege und daher allerunterthänigst bitten muss, Ew. Königl. Majestät wollen die Gnade haben, jemand anhero zu senden, der solches entweder übernehme oder mir assistire. Inzwischen werde meine noch wenige übrige Kräfte so lange zu Ew. Königl. Majestät Dienst mit der allervollenkommensten Treue aufopfern.“

Quartier Rötha, 6. September 1757.

Ich habe Euer Schreiben vom 1. dieses heute allhier wohl erhalten. Ihr werdet leicht erachten, wie sehr Mich das Unglück betrübet hat, so Ihr Mir darin von der vorgefallenen facheusen Affaire mit den Russen gemeldet habt. Indessen sehe Ich so viel daraus, dass es an Euch und an Eurer guten Conduite und Bravour nicht gelegen hat, wenn die Sache nicht einen glücklicheren Ausschlag genommen; dahero Dir Euch auch deshalb nicht niederschlagen lassen, sondern nur fernerhin Muth und Contenance behalten, auch versichert sein sollet, dass dem ohnerachtet Ich Euer gnädiger König und Herr nach als vor sein und bleiben, auch Euch gewiss über Euer gutes Betragen Justice thun werde. Da inzwischen das Unglück einmal geschehen ist, so ist nichts anders zu thun, als dass Ihr Euch nur recolligiret und alles bestmöglich zu redressiren suchet, dabei Stich haltet und dorten noch alles, was zu con-



1 Der königl. Flugeladjutant Major Bernd Henning von der Goltz hatte bei dem Corps Lehwaldt's die Verpflegungsangelegenheiten besorgt. Vergl. Bd. XIII, 136; XIV, 152.