9151. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Leitmeritz, 3. Juli 1757.

Ew. Excellenz soll ich auf allergnädigsten Befehl Sr. Königl. Majestät sowohl die Relation wegen der letzteren Bataille vom 18. Juni, so wie Höchstdieselbe solche Selbst aufgesetzet,203-4 als auch das, was bei der Retraite von Prag passiret, und welches von dem Feldmarschall von Reith aufgesetzet worden,203-5 hierbei zusenden, mit dem Vermelden, dass Ew. Excellenz solches nicht nur Sr. Rönigl. Majestät auswärtigen Ministern, und wo es sonsten nöthig, abschriftlich communiciren, sondern es auch denen publiquen Zeitungen, französischen und teutschen, inseriren lassen könnten.203-6

Ich muss bei dieser Gelegenheit mit wenigen sagen, wie beide Relationes mit der grössesten Modestie wiederum eingerichtet worden,203-7 und, wann ich es mich unterstehen darf, so muss ich ausserdem sagen, dass solche so véridique sein, dass nicht das allergeringste darin weder diminuiret noch vermehret worden, so dass wenig Exempel von Relationen vorhanden, die mit solcher exacten Wahrheit und Aufrichtigkeit abgefasset worden seind, und dass, wenn in denen Relationen, so die Oesterreicher von dieser Affaire herausgehen<204> lassen werden, mehr oder weniger gefunden werden wird, solches sicher und gewiss unter deren gewöhnlichen Aufschneidereien und Gasconnaden gerechnet werden kann.

Wie sehr das Événement von dem Absterben der Königin Frau Mutter Majestät204-1 des Königs Majestät betrübet haben müsse, solches werden Ew. Excellenz Sich, ohne dass ich nöthig habe, mich darüber weitläufig zu etendiren, vorstellen können. Es ist mir hierbei noch die Fatalité begegnet, dass, als ich alles nach der von Ew. Excellenz mir ertheileten Instruction einrichten und es so arrangiren wollen, dass [an] des Königs Majestät nur vorerst diejenigen Briefe, sowohl von Ihro Hoheit der Prinzessin Amalie als von des Herrn Grafen Finckenstein Excellenz, so noch mit roth gesiegelt waren und nur einige Erwähnung von den abermaligen critiquen Umständen der nunmehro höchstseligen Königin Majestät enthielten, an des Königs Majestät kommen und Dieselbe gleichsam nur vorerst zu einer betrübteren Nachricht präpariren sollten, ich dennoch einen Brief von der regierenden Königin Majestät204-2 mit fand, so gleichfalls roth gesiegelt war, und ich also alle diese roth gesiegelten Briefe des Königs Majestät zusandte, da es dann fataler Weise arrivirete, dass in dem letzterwähnten der Todesfall der hochseligen Königin Frau Mutter Majestät ganz de but en blanc gemeldet ward, dass ich also, sobald ich nur die Nachricht davon erhielte, wie alle meine gebrauchte Précautions dadurch vergebens waren, mit denen übrigen schwarz gesiegelten auch nur gleich vorgehen musst. Die Betrübniss Sr. Königl. Majestät ist ehegestern und gestern sehr gross und heftig gewesen, hat sich doch aber dadurch heute in etwas gemindert, da des Königs Majestät in Erwägung genommen, was Dieselbe in gegenwärtigen critiquen Umständen Sich, Dero Staat und Armee und Dero höchstgetreuen Unterthanen schuldig seind, wodurch dann und die deshalb nothwendig zu machende Dispositiones der Chagrin etwas unterbrochen worden, ob es gleich an sehr betrübten Moments und Intervalles nicht fehlet.

Wegen allem übrigen beziehe ich mich auf die deshalb an Ew. Excellenz und sonst hierbeikommende Schreiben und muss schliessen, da ich das Commando, so diese Briefe escortiret, nicht länger aufhalten kann.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



203-4 Nr. 9152.

203-5 Nr. 9153.

203-6 Die beiden Relationen erschienen am 14. Juli in den Berliner Zeitungen (Berlinische Nachrichten Nr. 84); am 16. wurden gedruckte Exemplare an die preussischen Gesandten verschickt. Die Verspätung erklärt sich daraus, dass die beiden am 3. Juli von Eichel übersandten Abschriften der Relationen unterwegs verloren gingen und deswegen am 10. Juli von Eichel neue Abschriften gesandt werden mussten, auf Grund deren alsdann erst der Druck und die Versendung der gedruckten Exemplare erfolgt ist.

203-7 Vergl. S. 18; Bd. XIII, 539; XIV, 376.

204-1 Vergl. Nr. 9150.

204-2 Vergl. Nr. 9150.