9312. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.
Tannenberg, 31. August 1757.
Auf Sr. Rönigl. Majestät allergnädigsten Befehl soll ich Ew. Excellenz beiliegende Originalpiecen (fünf Stück)323-5 communiciren, von wel<324>chen Deroselben, und wie dieselbe in unsere Hände gerathen seind, auch welchergestalt der Herr Obriste von Finck zu Dresden solche der Königin von Polen Majestät aus denen Originalien vorlesen müssen, bereits vorhin schon etwas gemeldet habe.324-1
Sr. Königl. Majestät Intention bei Uebersendung dieser Piecen ist sonsten, dass Ew. Fxcellenz solche in extenso drucken und publiciren lassen sollen, damit dadurch die ganze Welt von denen übelen Procédés des dresdenschen Hofes überzeuget werde, und was vor eine übele Correspondance solcher, aller gegebenen Versicherungen ohnerachtet, mit denen Feinden Sr. Königl. Majestät unterhalte. Was vor ein Rubrum oder Titel solchen Impressa zu geben, solches muss ich Ew. Excellenz überlassen.324-2 Inzwischen Deroselben zu Dero Direction nicht ohnangezeiget lassen kann, wie des Königs Majestät vor Dero Abmarsch von Dresden den in gedachter Correspondenz mit begriffenen dresdenschen Kammerjunker Otto von Schönberg arretiren und gegen den Abmarsch zu Sich nach Dero Hauptquartier bringen, auch darauf an Hand und Fuss schliessen lassen, so dass er solchergestalt den heutigen Marsch hieher zu Fusse hinter einem Bataillon mit thun müssen, auch auf die Art noch weiter fortgebracht werden soll, bis Se. Königl. Majestät ihn weiter durch ein Commando nach Spandau schicken lassen können. Er suchet sein begangenes Vergehen mit Schreibung derer Umstände, so in seinem Briefe an den bei den österreichschen leichten Truppen stehenden Obristen von Laudon [enthalten], damit zu entschuldigen, dass er solches auf Befehl und als ein Bedienter Sr. Königl. Majestät Seiner allergnädigsten Frauen gethan, welches man an seinem Orte gestellet lassen muss, und welches, wann es wahr ist, gegen ihn ein so hartes Procédé nicht verdienet haben, vielmehr ihm zu einer legitimen Entschuldigung dienen dörfte, obgleich die Königin, dass er solches auf sie werfen wollen, nicht allerdinges zufrieden sein möchte. Dass er aber ausserdem den jungen Grafen von Frankenberg, der als Officier von Sr. Königl. Majestät Armee nach Dresden gekommen und wegen Ohnpässlichkeit und Schwachheit daselbst geblieben war, vor sich, und also nicht befehlsweise von der Königin, debauchiren, zur Desertion behülflich sein, ihn mit seinem Domestiquen und vielleicht eigenen Gespann nach dem Obristen Laudon schicken, an solchen zur weiteren Fortschaffung recommandiren und gedachten jungen Grafen Frankenberg<325> dadurch auf eine so besondere Art von seinem Eide und Vasallenpflicht abwendig machen wollen, auch es wirklich vollstrecket hat, solches ist von dem von Schönberg criminell gehandelt und meritiret oder entschuldiget wenigstens den sich und seiner Naissance und Qualité zugezogenen Affront, da in Sachsen die wiederholten Edicte schon in vorigem Winter öffentlich publiciret worden,325-1 dass der oder diejenige, ohne Ausnahme des Standes oder der Person, so jemanden von denen preussischen Truppen zur Desertion anräthig, behülfhch oder mit Rath und That an die Hand gegangen sein würde, ohnausbleiblich mit der Strafe des Stranges beleget werden sollte.
Ich wünschete daher auch wohl, dass, damit dieser criminelle Umstand etwas in die Augen geben möchte, in dem unter denen anderen zu druckenden Briefe von ihm mit etwas weniges grösseren Lettern als die anderen Umstände gedrucket werden möchte. Ew. Excellenz habe diese Umstände nur zu Dero eigenen beliebenden Direction melden, obstehendes aber auf Sr. Königl. Majestät Befehl anzeigen sollen.
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
323-5 Es sind zwei Schreiben von Schönberg an Laudon, ein Schreiben von Laudon an Nadasdy, eines des Prinzen von Lothringen an Nadasdy nnd eines des Generalmajors Grafen Palffy an Nadasdy. Vergl. diese fünf Schreiben in der weiter unten genannten Druckschrift.
324-1 Vergl. S. 305. Anm. 5 und S. 309 Anm. I.
324-2 Die Schrift ist betitelt: „Anzeige einer || von einigen zu dem Dresdenschen Hofe || gehörigen Personen, || zum Nachtheil || Sr. Königl. Majestät || in Preussen, || mit || Deroselben Feinden || gepflogenen Correspondentz. || — Mit Beylagen. || Berlin, || gedruckt bei Christian Friedrich Henning,|| Königl. privil. Hof-Buchdrucker. || Im Septemb. 1757.“ Sie wurde am 6. September an die preussischen Gesandten verschickt. Auch gedruckt in Danziger „Beyträge“ Bd. III, S. 288—299.
325-1 Vergl. Mylius, Novum Corpus constitutionum Bd. II, S. 178. 179.