9335. AN DEN OBERST VON FINCK IN DRESDEN.
Finck meldet, Dresden 10. September: „Laut Nachrichten aus der Lausnitz hat sich Chossignon in Bautzen auf Discretion ergeben.343-3 Den 7. haben die Oester reicher den General Winterfeldt attaquiret. Es sollen auf beiden Seiten viele Leute geblieben sein, doch haben beide Armeen ihr Lager wieder bezogen, und hat der Herzog von Bevern noch wirklich vorgestern bei Görlitz gestanden; leider muss aber Ew. Königl. Majestät meiden, dass der General Winterfeldt bei dieser Action soll geblieben sein, ingleichen der Graf Anhalt. Der Prinz von Braunschweig soll gefangen sein.343-4 Von beiden ersteren confirmiren es Bauern, welche von der Armee vorgestern mit Vorspann abgegangen sind. Ist es wahr, dass Winterfeldt todt ist, so condolire ich Ew. Königl. Majestät von Herzen zu dem Verlust dieses treuen Dieners und braven Generals. Hier ist seit meinem gestrigen unterthänigen Rapport nichts neues vorgefallen.“ | Vorstadt Erfurt, 14. September 1757. Mein lieber Obrister von Finck. Eure beide Schreiben vom 9. und 10. dieses habe Ich allhier richtig zu erhalten das Vergnügen gehabt, und bin Ich von allem, so Ihr Mir darin meldet, recht wohl zufrieden gewesen, Euch auch wegen der communicirten Nachrichten obligiret; denn so viel dasjenige, so in der Lausnitz vorgefallen sein soll, anlanget, so habe Ich zwar bis dato von dem Herzog von Bevern noch nicht die geringste Nachricht oder Bericht davon, wohl aber hat durch jemanden anders daher an einen dritten gemeldet werden wollen, als ob den 7. dieses ein Chamaillis zwischen dem Corps des Generallieutenant von Winterfeldt und dem |
feindlichen von Nadasdy vorgefallen, und der General Winterfeldt bei solcher Gelegenheit in der Schulter, obschon nicht gefährlich, blessiret worden sein soll; die Nachricht aber von dem Prinzen von Braunschweig ganz ohngegründet sein muss, weil laut eben solchem Schreiben derselbe, ermeldeter Prinz, mit seinem ganzen Convoi344-1 den 7. dieses glücklich zu Görlitz angekommen ist. Auf unserm ganzen Marsch hieher haben wir sonsten die auf unserm Wege hieher gefundenen Husaren von dem Corps des Laudon ganz übel gehandhabet und davon 101 Gemeine nebst einigen Oberofficiers zu Pegau,344-2 in Naumburg aber 15 nebst einem Officier gefangen genommen. Gestern bin Ich mit einem Avantcorps bis Erfurt vorgerücket, in welcher Stadt sich dann der Obrister Laudon Tages vorher geworfen hatte, um vermuthlich die Retraite der französischen und derer sogenannten Reichstruppen, so sich hiesiger Orten versammlet hatten und ein festes Lager der Gegend Erfurt nehmen wollen, zu decken; nachdem Ich aber erwähnten Laudon durch die Husaren und Mayr'sche Freicompagnie auffordern lassen, hat derselbe sogleich seine Partie genommen und sich an dem andern Ende der Stadt heraus und nach dem Gothaischen gezogen, da Ich wegen der noch nicht heran gewesenen übrigen Avantgarde den Ort nicht überall einschliessen können. Der Petersberg hat heute die Capitulation angeboten, so Ich angenommen, der Cyriacsberg aber complimentiret,344-3 welches sich hoffentlich aber bald legen wird, indess die Stadt durch die Freicompagnien und durch Husaren occupiret ist. Die hiesiger Orten und im Weimarschen versammlet gewesene französische und Reichstruppen haben sich auf erhaltene Nachricht von der Annäherung Meines Corps und Meiner Passage über die Saale bei Naumburg sogleich wiederum nach dem Eisenachschen und Gothaischen zurückgezogen, denen man vorhin glauben gemachet hat, als ob Ich nicht im Stande sei, etwas gegen sie zu detachiren. Ich wünsche Euch noch andere gute Nachrichten geben zu können, auch dergleichen von Euch zu vernehmen. Ich bin Euer wohlaffectionirter König Von dieser Seiten scheinet es, als wenn wenig mehr würde zu besorgen seind. Ein französisch Magazin haben wir hier gekriegt. Morgen marschire mit der Avantgarde gegen Gotha. Adieu. Friderich. |
Nach der Ausfertigung. Der Zusatz eigenhändig.
<345>343-3 Bautzen wurde von den Oesterreichern am 6. September eingenommen. Vergl. Danziger „Beyträge“ Bd. III, S. 273.
343-4 Winterfeldt wurde in dem Gefecht bei Moys am 7. September tödtlich verwundet und starb am 8. September in Görlitz. Vergl. Nr. 9336. Der Major Graf Anhalt dagegen wurde von den Oesterreichem gefangen, Prinz Franz von Braunschweig wurde nicht gefangen.
344-1 Vergl. S. 330.
344-2 Vergl. S. 337. Anm. 4. u. S. 340.
344-3 In dorso eines Berichts des Generalmajors von Seydlitz, d. d. Erfurt 13. September, findet sich die eigenhändige Antwort des Königs: „Die Capitulation wegen den Petersberg approbire; will er den Cyriac nicht ergeben, so warte meine Haubitzen ab, um mich dessen auf solche Art zu bemeistern. Friderich.“