9571. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN MAGDEBURG.
Hauptquartier Dürrgoy, 9. December 1757.
Ich bin gestern Abend allhier in Sr. Königl. Majestät Hauptquartier, so dieses Mal in einem elenden Dörfchen dicht an der ohlauer Vorstadt von Breslau bestehet, angekommen. Ich muss gestehen, dass, so gross auch der herrliche und von Gott beglückte Sieg Sr. Königl. Majestät über die österreichsche Armee gewesen, dennoch der Success davon alle meine davon gemachte Einbildung überstiegen hat, und wenn ich nicht selbst unterwegens so viele redende Proben davon gesehen, ich mich schwerlich von dem, so mir ein Dritter an einem dritten Orte davon gesaget hätte, würde haben überzeugen lassen können. Es ist wohl die Hand des Allerhöchsten, so die Oesterreicher durch einen abscheulichen Stolz und Uebermuth geblendet hat, dass sie Sr. Königl. Majestät entgegengekommen, um, wie der Aussage derer Deserteurs nach sich verlauten lassen, den König von Preussen aus seinen Löchern bei Parchwitz zu jagen und ihn bis in die Mark und hinter Berlin zu treiben, und sich auf dem freien Felde finden und von Sr. Königl. Majestät attaquiren lassen, wo der Allerhöchste das Ziel ihres Uebermuthes und ganz ohnglaublichen Stolzes gesetzet, des Königs gerechte Sache auf einmal wiederum releviret hat. Der Feind ist effectivement an 70,000 Mann, obschon er sich vor 80,000 ausgegeben, stark gewesen; alle Generals und Officiers von uns gestehen, dass dessen Truppen sich gut und zum Theil hartnäckig gewehret und uns den Sieg nach allem Vermögen disputiret haben; dessen Consternation aber, nachdem er überall poussiret worden, ist hergegen auch ohnglaublich und so gewesen, dass man solche fast stärker, als die den 5. vorigen Monates der feindlichen Armee vom Feinde bei Rossbach gewesen zu sein urtheilet. Alle seine Bataillons seind von ihm, sowie auch die von uns, im Feuer gewesen, alle von ihm aber seind totaliter deroutiret und zum Weichen gezwungen, auch auseinander gesprenget worden.
Ich beziehe mich wegen mehreren Details auf beiliegende Abschrift Sr. Königl. Majestät Relation,79-1 so auf Dero Ordre ich Ew. Excellenz communiciren, jedoch dabei exprès melden soll, dass Ew. Excellenz solche noch nicht drucken lassen sollten, weil des Königs Majestät Sich vorbehalten, die Summe derer Gefangenen noch zu ändern und zu corrigiren,79-2 um solche exact und complet zu setzen.79-3
Es ist ohnmöglich, dass solche jetzo accurat specificiret werden kann, weil bisher noch täglich und, so zu sagen, stündlich mehrere Ge<80>fangene von dem Generallieutenant Zieten, so das zusammengebliebene feindliche Corps verfolget, und von andern Detachements, so auf dessen Trousses seind, eingesandt werden. So viel aber wollte mich wohl unternehmen, Ew. Excellenz zu versichern, dass von dieser grossen feindlichen Armee, so zur Geissei von ganz Teutschland und vielleicht von Europa destiniret war, nicht viel über 30,000 Mann, alles in allem, Cavallerie, Infanterie, reguläre und irreguläre Truppen gerechnet, nach Böhmen und nach Mähren zurückkommen werden. Der Feind hat ausser dem grössesten Theil seiner Artillerie, davon sich aber noch immer mehr findet, fast seine mehriste Zelter und seine sämmtliche Bagage verloren, und hat der Generallieutenant Zieten gestern schon an 3000 Bagage-Munitionswagen, Artilleriekarren und dergleichen gehabt und gemeldet, dass seiner Orten noch alle Wege und Felder voll stünden, die zum Theil von denen Pferden ausgespannet worden.
Da des Königs Majestät in diesen Tagen auch beikommende Medaille nebst anliegendem Imprimé80-1 erhalten haben, worin der wiener Hof sich auf eine so sehr orgueilleuse als offensante Art gegen Se. Königl. Majestät über die Action von Planian oder Kolin ausgedrücket hat, wie Ew. Excellenz aus beiden mit mehrern ersehen werden, so wollen höchstgedachte Se. Königliche Majestät wegen dieses insolenten Verfahrens doch vor dieses Mal Ihre kleine Revanche hierunter nehmen und denen Oesterreichern ein Paroli machen, dergestalt, dass Sie mir befohlen haben, Ew. Excellenz nebst des Herrn Grafen von Finckenstein Excellenz zu melden, wie Dieselbe sogleich eine eben dergleichen Medaille von gleicher Grösse mit eben dergleichen Revers und Avers, auch derselben Umschrift, jedoch nur dass anstatt des Brustbildes von dem Kaiser und der Kaiserin und der Umschrift das von Sr. Königl. Majestät gepräget, auf den Revers hergegen dasselbe Gepräge und Motto gesetzet, die Exergue aber dahin geändert und eingerichtet werden soll, dass post verba : restaurata félicitas80-2 p.,: „Lissa 1757, 5. December“ gesetzet wird. Ich zweifele nicht, Ew. Excellenz werden Sr. Königl. Majestät Intention völlig beurtheilen und die Veranstaltung, allenfalls mit des Herrn von Boden Excellenz, jedennoch so viel den Stempel anbetrifft, unter Ew. Excellenz und des Herrn Grafen von Finckenstein Excellenz [Assistenz] zu machen belieben, dass von der von des Königs Majestät verlangten Medaille eine proportionirte Anzahl zu Berlin oder Magdeburg fordersamst und währender Zeit es noch de saison ist, ausgepräget, auch des Königs Majestät einige Quantité davon eingesandt werde.80-3
<81>NB. Es soll auch dasselbe Imprimé von Wort zu Wort, nur mit veränderten Hauptumständen, gedrucket und beigefüget werden.
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
79-1 Nr. 9572.
79-2 Vergl. S. 82. Anm. 2.
79-3 Die Relation wurde am 17. December von Magdeburg aus an die preussischen Gesandten verschickt. In den Berliner Zeitungen erschien sie Dienstag 20. December ( „Berlinische Nachrichten“ Nr. 152). In den Danziger „Beyträgen“ Bd. III, S. 695—698.
80-1 Eine Beschreibung der Medaille.
80-2 Sic. Die Worte lanten auf der österreichischen Medaille: „Restaurata Felicitate Publica. MDCCLVII. XVIII. Juni.“ Vergl. auch Œuvres Bd. XV, S. 575
80-3 Die preussische Medaille, von der sich ein Exemplar in der Münzsammlung des Berliner Kgl. Museums befindet, zeigt auf der Vorderseite das Brustbild des Königs, auf der Rückseite, ebenso wie die österreichishhe, eine Minerva und darüber die Worte: „Frangit Deus Omne Superbum“ ; darunter aber: „Restaurata Felicitate Publica Lissa; V. Decembris MDCCLVII“ .