9688. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT.

Breslau, 14. Januar 1758.

Ich habe Euer Schreiben vom 8. dieses erhalten, und hat es Mich sehr erfreuet, daraus zu ersehen, dass Eure bisherige Operationes überall so gut und nach Wunsch gegangen seind.

Ich zweifele dabei nicht, Ihr werdet, in Conformité Meines vorhin bereits an Euch ergangenen Schreibens,170-3 nicht ermangeln, [denen] Landgüter derer schwedischen Senateurs insonderheit viel schwerer wie anderen zu fallen, allermaassen Euch darunter zu Eurer Direction dienen soll, wie Meine Idee ist, die Schweden zu einem Particulärfrieden zu obligiren; deshalb Ihr es so machen und ihnen so schwer fallen müsset, damit das Geschrei im Lande so gross werde, dass der Senat in Schweden sich daher gezwungen sehe Frieden zu machen.170-4

Dass Ihr Euch derer verschiedenen schwedischen Magazine dorten bemeistert, ist Mir insonderheit lieb zu vernehmen gewesen, von welchen dann, sowie auch von dem, so Ihr an Canons und Munition daselbst gefunden, Ihr zuvorderst dasjenige, so Ihr davon für das Corps gebrauchen könnet, an Euch behalten, das übrige alles aber zurückschicken und nach Stettin transportiren lassen müsset. Sonsten bin Ich fast gewiss versichert, dass, wann Ihr näher an Stralsund kommen werdet, Ihr sodann auch gewisser erfahren werdet, wie viel Magazins der Feind dorten sowohl als auf Rügen Lebensmittel haben dörfte, alsdenn man desfalls noch gewisser wird rechnen können.

Anlangend die Kriegesgefangene, so Ihr dorten gemachet, da sollet Ihr unter solchen alles, was Leute seind, die zu Meinen Kriegesdiensten<171> tüchtig, aussuchen und Mir solche nur sogleich hieherschicken, weil Ich solche hier unter die Regimenter geben und zu deren Completirung mit gebrauchen will.

Ein gleiches habt Ihr wegen der kriegesgefangenen Artilleristen zu observiren, davon Ihr alle diejenigen, so gut seind, hieher transportiren lassen sollet, als die hier nöthig thun, und die Ich gleich in Dienst nehmen will.

Bei Gelegenheit des Eurem Schreiben beigefügten Plans, welchen Ich Euch hiernächst wieder zurückschicken werde, mache Ich Euch Meine Intention dahin bekannt, wie Ich glaube, dass, um Stralsund nicht so nahe bloquiren zu dörfen, und dennoch allemal denselben Effect davon als von einer nahen Bloquirung zu haben, Ihr wohl thun dörftet, ohngefâhr die Bloquade so zu formiren, dass Ihr selbige gleichsam wie im halben Zirkel von Barth an hinter das daselbst auf dem Plan marquirete Fliess auf Dievitz und so weiter herunter auf Frauendorf, Wobbelkow, Redebas und hinter das marquirte Wasser oder Fliess auf Starkow hinter Lendershagen weg über Steinhagen, Elmenhorst auf Brandshagen über Arendsee durch das hinterwärts diesem Orte liegende Holz und so weiter auf Niederhof herunter ziehet; da Ihr dann oben gegen Barth, ferner etwa in der Mitte dieses Kreises und gegen das Ende desselben gegen Niederhof oder Brandshagen herum, starke Klumpen von Truppen setzen könnet, die alles observiren und eingeschlossen halten müssen. Hierbei aber ist sehr wohl und nothwendig zu beobachten, dass alle die Dörfer ohne Unterschied, welche zwischen dieser Circumferenz und nach Stralsund zu liegen, vorher ganz reine ausfouragiret und von allen Lebensmitteln, auch Vieh und Pferden, desgleichen dienstbaren Leuten ganz ledig gemachet werden müssen, so dass darin nicht das geringste übrig bleibet, wovon der Feind in Stralsund einigen Nutzen ziehen, noch Gebrauch machen könne; vielmehr müsset Ihr alles dergleichen zurücktransportiren und hinter Eure Kette zu eigenem Gebrauch bringen lassen, alsdenn Ihr, wie obgedacht, nicht nöthig haben werdet, Stralsund so nahe zu bloquiren, und dennoch denselben Effect haben werdet. Ihr könnet sodann Eure übrige Truppen, so Ihr nicht zu der Postirung gebrauchet, in das übrige schwedische Pommern zurück in die Quartiere legen, um die Lieferungen, Contributions, Winterquartiergelder, aufzubringende Pferde und Leute zugleich beizutreiben und einzuschaffen. Ihr müsset auch ferner etwa 3 Bataillons mit 1000 Pferden nach dem Mecklenburgischen detachiren und quartieren, um das Land daselbst gleichfalls etwas in Contribution zu setzen und das Euch vorgeschriebene171-1 daraus zu ziehen.

Es dienet Euch ferner zur Nachricht und Achtung, dass Ihr die bei Eurem Corps habende Regimenter Cavallerie wegen ihres Abganges an Pferden aus Schwedisch-Pommern wiederum beritten machen müsset;<172> dann solche vor dieses Mal keine andere Remonte als diese bekommen können, noch werden. Welches Ihr dann auch wegen des Artillerie-, Proviant- und übrigen Fuhrwesen zu beobachten und deshalb nur sogleich alle die in denen Dörfern innerhalb obgedachter Eurer Postirung gegen und zunächst Stralsund befindliche Pferde wegnehmen und emploiren zu lassen habet.

Was die Peenemünder Schanze anbetrifft, da überlasse Ich Euch, ob es nicht gut sei, dass, wenn das Wetter gelinder wird, Ihr alsdenn 6 Mortiers etwa dahinschicket, um die darin befindliche Garnison zur Uebergabe zu obligiren und mit solcher ein kurzes Ende zu machen, damit Ihr nicht so viel Bloquaden habet und das Corps dadurch auseinander sein muss.

Man will Mir sonsten gewiss versichern, wie jetzo die Schweden dorten nicht mehr als 10,000 bis 11,000 Mann zusammen hätten. Im Fall dieses richtig ist, so glaube Ich, dass Ihr ihnen Ehre genug erweiset, wann Ihr gegen solche 10 bis 12,000 Mann von uns um Stralsund herum stehen lasset, das übrige aber zum Theil in Schwedisch-Pommern und zum Theil im Mecklenburgischen nach Eurer und der Truppen Convenienz in die Quartiere verleget.

Im übrigen adressire Ich Euch hierbei einen Orden vom Schwarzen Adler, welchen Ich des Generallieutenant Prinzen von Holstein-Gottorp [Liebden]172-1 conferire, und welchen Ihr Demselben nebst beikommendem Meinem Schreiben an ihn zu übergeben und zuzustellen habet. Ich beziehe Mich schliesslichen hier auf beigehendes Postscriptum, dessen Einhalt Ich Euch wohl recommandire.

Friderich,

P. S.

Da Mir auch sehr und besonders daran gelegen ist, dass Ich die Rekruten, so zufolge Meines vorigen Schreibens172-2 von Euch hieher geliefert werden sollen, bald bekomme, also habt Ihr nur sogleich dazu die erforderliche Veranstaltung zu machen und solche mit Execution zusammenbringen zu lassen. Weil auch der Herzog von Mecklenburg-Schwerin Truppen hat, wovon die Mannschaft recht gut ist, und wir wohl davon ein paar Tausend Mann zum Unterstecken bei andern Regimentern werden gebrauchen können, so habt Ihr auch solche nur ohne Bedenken deshalb wegnehmen zu lassen und mit zu emploiren.

Ich bin demnächst auch in einer besonderen Verlegenheit wegen der Winterquartier-Douceurgelder vor Meine hiesige Armee, da solche aus den mecklenburgischen beizutreibenden Contributionen erfolgen sollen, Ich aber solche denen hiesigen Regimentern nicht eher auszahlen lassen kann, bis Ich solche von Euch daher erhalten habe, welches indessen<173> doch jetzo höchst nöthig wäre, damit dieselbe sich in Zeiten wiederum in Equipage setzen können. Ich recommandire Euch also diesen Articul gar besonders, und dass Ihr, allenfalls und wenn es nicht anders wäre, Mir vorerst nur in Abschlag des mecklenburgischen Contributionsquanti 6 à 700,000 Thaler baldigst und mit Execution beischaffet und cito anhero sendet, auf dass Ich nur anfangen kann, die Winterquartier-Douceurgelder hier auszahlen zu lassen. Im übrigen bleibet es bei der Disposition, dass Ihr für Euer Corps die Winterquartiergelder aus Schwedisch-Pommern nehmet, so wie Ich die für Meine in Schlesien stehende Armee aus der mecklenburgischen Contribution bekommen muss.

Nach dem Concept.173-1



170-3 Nr. 9670.

170-4 Mitchell berichtet an Holdernesse, Breslau 15. Januar (private), der König habe einige Unruhe darüber geäussert, dass der englische Gesandte Oberst Campbell Stockholm verlassen habe. „He is of opinion that His Majesty having a minister in Sweden may be of the greatest Utility at this juncture, to mediate between the Swedes and His Prussian Majesty, who, under the King's médiation, will grant them reasonable terms.“ [Nach einer Abschrift im British Museum zu London.] Vergl. S. 71. 108.

171-1 Vergl. S. 139.

172-1 Vergl. S. 169.

172-2 Vergl. Nr. 9670.

173-1 In einem zweiten Erlass an Lehwaldt vom 14. Januar befiehlt der König, zur Completirung des Regiments Garde du corps von den ostpreussischen Dragonerregimentern 6 Mann und 6 tüchtige Pferde aus jeder Schwadron ihm zuzusenden; der Ersatz für die Dragonerregimenter soll aus dem besetzten Lande genommen werden; desgleichen sind für das Regiment Garde 15 gefreite Corporals aus den preussischen Infanterieregimentem zu senden. Aus Mecklenburg sollen 2968 gute Pferde zur Bespannung des Artillerietrains an den Oberst von Dieskau geschickt werden; die gefangenen schwedischen Artilleristen und 1000 Dragonerpferde aus dem Mecklenburgischen sollen nach Schlesien kommen.