9698. AN DEN KAMMERPRÄSIDENTEN DOMHARDT IN GUMBINNEN.
Breslau, 16. Januar 1758.
Ich habe denjenigen Bericht, welchen Ihr Mir unter dem 8. dieses Monates180-1 auf die Euch zugekommene Nachricht von einer bevorstehenden abermaligen Invasion derer Russen in Preussen und Eurer Orten erstattet habet, gestern allhier erhalten und gebe Euch darauf in Antwort, wie Ich bisher noch alle Mühe habe,180-2 diese an sich ganz ohnangenehme Nachricht zu glauben, weilen solche mit allen Meinen andern wegen der russischen Affairen sonst anderer Orten her erhaltenen Rapports gar nicht einstimmet, und Ich also von Euch noch mit dem fordersamsten die nähere und positivere Nachricht, wie weit obgedachtes Gerüchte gegründet gewesen oder nicht, gewärtigen will.
Sollte jedennoch wider Verhoffen mehrerwähntes Gerüchte gegründet und eine Invasion zu vermuthen oder gar schon der Anfang davon geschehen sein, so bleibet vorerst nichts anders übrig, als dass sowohl das in denen Gumbinnenschen Kassen überall vorhandene Geld nach Königsberg und von da sogleich weiter nach Pommern und nach Berlin geschaffet werde, sondern dass auch die mehristen Bediente des Gumbinnenschen Departements nach Königsberg und erforderlichen Falls gleichfalls weiter nach Pommern gehen und vorerst sich allda aufhalten.
<181>Nächstdem aber ist Mein Wille, dass alles, was sich in dem Königsbergischen Departement sowohl als auch in dem Gumbinnenschen von Landmilice befindet, sogleich bei dem ersten Anmarsch des Feindes sich in die Stadt Königsberg werfe,181-1 maassen Ihr allerseits jetzo dorten nichts anders noch ein mehreres thun könnet, als nur hauptsächlich Königsberg zu souteniren und zu mainteniren. Uebrigens müssen alle dortige Kassengelder, und zwar sowohl die von Gumbinnen als auch die in Königsberg befindlich sein, nur sogleich und zum Voraus von dort obstehender Maassen nach Pommern abgeschicket werden. Ihr habt Euch also darnach wohl zu achten und sofort mit dem Königsbergischen Kammerpräsidenten von Marwitz,181-2 auch mit dem in Königsberg commandirenden Officier darüber zu communiciren, auch das erforderliche Concert zu nehmen und alles Meiner Intention gemäss, auch wie es die dasige Umstände erfordern, zu besorgen und in das Werk zu richten.181-3
Friderich.
Nach dem Concept.
180-1 Vergl. Nr. 9697.
180-2 Für das folgende befindet sich eine kurze eigenhändige Weisung des Königs auf der Rückseite des Berichts von Domhardt, d. d. Gumbinnen 8. Januar. Auf Grund dieser Weisung ist das Concept aufgesetzt.
181-1 Auf einem Berichte Domhardt's, d. d. Gumbinnen 12. Januar, enthaltend die Meldung, dass die regulären russischen Truppen von Memel her in vollem Anmarsch seien, bemerkt der König eigenhändig auf der Rückseite: „Wor dieses sich confirmiret, so muss sich alles nach Königsberg ziehen.“
181-2 Dem Präsidenten von der Marwitz wird am 16. die von Domhardt eingesandte Meldung mitgetheilt und eine Abschrift des obigen Cabinetserlasses an Domhardt beigefügt.
181-3 Am 23. Januar schreibt Eichel an den Minister Podewils: „Die bisher aus Preussen hier eingelaufene Nachrichten seind so schlecht gewesen, als die, welche deshalb zu Berlin eingegangen; Gott wolle alles daher drohende Uebel durch glückliche und zur Zeit noch nicht zu honende Évènements abwenden, sonsten ich wohl demjenigen, so Ew. Excellenz zu erwähnen geruhen, völlig Beifall geben muss, da in diesem Jahre die Scenen noch weit critiquer und blutiger als im vorigen Jahre ausfallen dürften.“