9718. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL PRINZ MORITZ VON ANHALT-DESSAU.193-4

Breslau, 23. Januar 1758,

Durchlauchtiger Fürst, freundlich lieber Vetter. Ew. Liebden übersende hierbei die von Deroselben Mir communicirte Schreiben, so Dieselbe von dem Feldmarschall Graf Daun193-5 erhalten haben, zurück. Ich finde auch dasjenige, was Ew. Liebden wegen derer beiden Punkte, davon gedachter Feldmarschall Daun nach Ew. Liebden Schreiben Erwähnung gethan, zu veranlassen vor nöthig gefunden, vor ganz recht und billig zu sein und überlasse solches alles zu Dero guten weiteren Besorgung. Wann aber der Etatsminister von Borcke geschrieben, wie<194> er keine Civilbediente aus Sachsen wisse, welche sich noch in der östreichschen Gefangenschaft befinden sollten, so fehlet es daran so weit, dass der zu Dresden von Mir sonst gestandene Legationssecretär Plesmann im vorigen Jahre bereits vor verschiedenen Monaten, als er auf Ordre eine Reise nach Plauen im Voigtlande gethan, unschuldiger und unverdienter Weise und wider das, was sonsten denen Kriegesgewohnheiten gemäss ist, von einem Commando östreichscher Husaren nebst seinen bei sich habenden Domestiquen und Hardes aufgehoben und nach Böhmen, auch dem Verlaut nach von dar weiter in die Gefangenschaft geschleppet worden, in welcher derselbe auch diese ganze Zeit über und bis dato gehalten wird, ohne dass von ihm bis dato die geringste Nachricht eingelaufen; auf dessen Erlassung, und dass er wieder zurückgeschicket werden müsse, Ew. Liebden ganz besonders zu insistiren haben.194-1

So haben Ew. Liebden auch besonders zu releviren, dass der Geheime Rath Osten zu Hof194-2 wider alles Recht daselbst, als an einem neutralen Orte, mit der grossesten Gewalt aufgehoben und dergestalt misshandelt worden, dass man solchen, sichern Nachrichten nach, nach Böhmen in Ketten geschlossen als einen Criminellen auf eine ganz unerlaubte und ungebührliche Weise geschleppet hat.

Ew. Liebden werden Mir also eine besondere Gefälligkeit erweisen, wenn Dieselbe Sich jetzo aller dieser Sachen annehmen und dahin sehen und insistiren werden, dass solche redressiret und wiederum in ihre gehörige Ordnung gebracht werden müssen. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogt. Haus- und Staatsarchiv au Zerbst.



193-4 Die Berichte des Prinzen aus dem Januar sind von Breslau datirt.

193-5 Die Schreiben von Daun liegen nicht bei. Es handelt sich um preussische Civilbeamte, welche in Sachsen und in Schlesien von den Oesterreichern „aufgehoben und auswärtig in die Gefangenschaft geschleppet worden“ . Der König hatte über diese Sache bereits am 11. Januar an den Prinzen Moritz geschrieben.

194-1 Breslau 23. Februar befiehlt der König noch einmal dem Prinzen, „gehöriger Orten nachdrücklich zu schreiben und auf die Erlassung und Extradition obgedachtes Plesmann sehr zu insistiren“ .

194-2 Vergl. S. 144.