9741. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT.
Lehwaldt meldet, Greifswald 26. Januar: „Ew. König!. Majestät berichte in aller Unterthänigkeit, dass von Stralsund der schwedische Major und Obergeneraladjutant Baron von Wrangel in diesen Tagen anhero geschicket worden. Seiner Angabe nach sollte er die Berichtigung derer in Demmin zu vergüten gebliebenen schwedischen Schulden reguliren. Es schien aber, dass seine Herüberkunft einen geheimeren Auftrag zu Grunde hätte. Wenigstens müsste man solches aus seinem Verhalten argwöhnen, und dass er etwa sondiren sollte, inwieweit man diesseitig zum Frieden sich geneigt fände. Es wurde Öfters von ihm angemerket, dass Schweden bei der jetzigen Lage des Krieges wenige Vortheile gewinnen könnte, und dergleichen mehrere Reden geführet, welche erachten lassen sollten, dass die Schweden von Friedensvorschlägen nicht entfernt wären, wenn sie nur einigermaassen wüssten, wessen sie sich hierinnen diesseitig zu versehen hätten. Da ihm, dieses zu erforschen, es nicht glückte, so suchte er Zeit zu gewinnen und das Demmin'sche Geschäfte gar zu merklich ins Weite zu spielen. Ich konnte daher nicht Umgang nehmen, ihm desfalls einiges Missvergnügen zu erkennen zu geben. Er liess sich hierauf in die deutliche Anfrage aus, ob Ew. Königl. Majestät zum Frieden mit Schweden wohlgeneigt sein möchten. Es wurde von mir erwidert, dass von Ew. Königl. Majestät darüber an mich weder einige besondere Ordres noch Instructions ergangen oder andere Aeusserungen geschehen wären, Höchstdieselben aber Öffentlich zu wiederholten Malen im Anfang und Fortgang des jetzigen Krieges zu declariren geruhet hätten, dass solcher bloss geführet würde, um einen redlichen, dauerhaften und unschädlichen Frieden zu erreichen, und stünde hieraus zu vermuthen, dass, wenn Schweden annehmbare Friedensvorschläge machte, auf solche sich auszulassen nicht würde geweigert werden. Mit dieser Antwort schien Wrangel vergnügt zu sein und beurlaubte sich mit der Versicherung, dass er also Hoffnung | Breslau, 31. Januar 1758. Ich habe Euer Schreiben vom 26. dieses erhalten, und werdet Ihr von selbst nach Meiner Euch vorhin schon eröffneten Intention213-1 erachten, wie dass es Mir nicht ohnangenehm gewesen, dasjenige zu vernehmen, was Ihr Mir von denen Aeusserungen des schwedischen Major und Generaladjutanten Baron von Wrangel wegen derer Schweden Neigung, Mir Friedensvorschläge zu thun, melden wollen. Ich bin auch von der Art, mit welcher Ihr Euch darunter gegen gedachten Baron von Wrangel betragen habt, sehr wohl zufrieden gewesen und finde nöthig, Euch wegen Eures weiteren Verhaltens deshalb dahin zu instruiren, dass, wenn Euch die Schweden darüber weiter besprechen sollten, Ihr zuvorderst zu sondiren und zu approfondiren habet, ob es denenselben mit ihrer bezeigten Neigung zum Frieden auch wirklich Ernst und nicht etwa die Absicht sei, Eure Operationes zu rallentiren und Zeit zu gewinnen, auch ob der General Graf Rosen zu dem Schluss eines Friedenstractats genugsam bevollmächtiget sei; da Ihr dann denenselben sagen könnet, wie Ihr von Mir autorisiret wäret, ihnen zu declariren, dass man zwar von Seiten derer Schweden durch den gegen Mich unter dem nichtigen Prätext einer Garantie des Westphälischen Friedens,213-2 davon doch in gegenwärtigen Umständen gar nicht die Frage sei, angefangenen unrechtmässigen Krieg und durch die gar |
hätte, es würden durch den Keichsrath General Graf von Rosen vielleicht in kurzem schriftliche Anträge geschehen. Ich weiss nicht, ob derselbe bevollmächtiget ist, Friedensvorschläge zu thun, oder ob er erst dazu die Instruction nach der Eröffnung des auf den 7. Februarii festgesetzten Reichstag erhalten dörfte.“ | tibelen Procédés, so man in einigen Meiner Provinzien gehalten, Mich sehr offendiret habe, inzwischen Ich aber dennoch aus Considération, dass Meine Schwester ihre Königin wäre, und dieselbe die Herstellung des Friedens gerne sähe, das Geschehene niederschlagen, und wenn insonderheit Meine Schwester sich davor interessirete, alles vergessen und zu Herstellung eines redlichen Friedens gegen billige Conditiones die Hände geben wollte. Wann sie Euch also Propositiones zum Frieden thun, so sollet Ihr solche nicht abschlagen, jedoch es allemal so tourniren, als ob Ich Mich in Consideration Meiner Schwester, der Königin, dazu geneigt finden lasse. Ich werde Euch auch nächstens mit einer vollständigen Vollmacht dazu versehen,214-1 damit, wenn Euch Propositiones geschehen und der- oder diejenigen, so darüber mit Euch tractiren wollen, ihres Ortes gleichfalls mit behöriger Vollmacht versehen seind, Ihr sodann gleich zur Sache schreiten könnet und die Zeit durch spätere Uebersendung der Vollmacht nicht verloren werde.214-2 Inzwischen aber und damit die Schweden um so mehr zu einem baldigen Frieden pressiret werden, so sollet Ihr alle Demonstrationes machen, als ob Ihr Stralsund mit dem grossesten Ernst angreifen, auch solches bombardiren und nehmen, auch sonst Eure Opérations mit allem Vigueur poussiren wolltet. Von dem weiteren Erfolg deshalb werde Ich Euren Bericht erwarten. Friderich. |
P. S.
Auch dienet Euch noch auf dasjenige, so Ihr zugleich wegen Augmentation der dortigen Artillerie mit 2 Compagnien angefraget habt, hierdurch in Antwort, wie dass Ich zwar solche genehm halten will, Euch aber Meines Ortes keine Leute dazu zu verschaffen weiss, und Ihr daher solche aus Pommern und aus dem Mecklenburgischen zusammenzubekommen suchen sollet, deren Tractament Ich sodann nebst denen Tractamenten vor die Capitäns und Subalternofficiers gleich auf den Etat ansetzen lassen will.
Wegen derer Leute zu dem Regiment Garde du Corps danke Ich Euch. Ihr müsset aber auch sehen, Mich wegen nachstehender drei<215> Articul zu contentiren, nämlich zu verschaffen, dass Ich von dorther Geld, Pferde und Rekruten bekomme,215-1 so wir hier noch vor kommendes Frühjahr ganz ohnentbehrlich haben müssen.
Wenn es auch mit denen Schweden zum Frieden kommen sollte, so gehet solches die mecklenburgischen Lande nicht an, sondern es bleibet darunter bei Meiner Euch deshalb vorhin ertheileten Instruction,215-2 so dass Ich daher Geld, Menschen, Pferde und Magazins haben muss. Was Ihr insonderheit von letzteren zusammen bekommet, müsset Ihr zunächst der Elbe bringen lassen, auf dass, sobald das Wasser aufgehet, wir solches nach Magdeburg oder auch nach Sachsen transportiren lassen können, sowie es die Umstände mit sich bringen werden. Weilen Ich auch hier sowohl vor die Dragoner als auch sonsten vor die hiesige Artillerie und vor das Proviantfuhrwerk Pferde hieher haben muss, so wird es bei solchen, sonderlich denen beiden letzteren, nicht darauf ankommen, dass solche so excellent von Ansehen seind, sondern wenn solche nur sonst gut, gesund und tüchtig seind, und dass solche nur bald aus dem Mecklenburgischen geschaffet werden. Uebrigens könnet Ihr auch inzwischen und bis es mit denen Schweden zum Frieden kommet, aus Schwedisch Pommern für Euer unterhabendes Corps ziehen, was nur möglich sein wird.
Nach dem Concept.
213-1 Vergl. S. 170.
213-2 Vergl. Bd. XIV, 503; XV, 94. 379.
214-1 Vergl. Nr. 9745-
214-2 Am 1. Februar wird der Minister Podewils von den an Lehwaldt ergangenen Befehlen in Kenntniss gesetzt. Ebenso ist Mitchell durch den König davon unterrichtet worden, wie er, Breslau 1. Februar, an Holdernesse (private and most secret) meldet. In demselben Bericht zeigt Mitchell an: „I have spoken to the King of Prussia several times in the manner that I thought most proper to induce him to give orders to his minister at London to sign the convention, but I have not yet been able to prevail, and I fear I shall not.“ [Abschrift im British Museum zu London.] Vergl. Nr. 9720.
215-1 Vergl. S. 154. 155. 172. 173.
215-2 Vergl. S. 172. 194.