10072. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL PRINZ MORITZ VON ANHALT-DESSAU.

Klein-Latein, 17. Juni 1758.

Ich habe mit den Kapitän von Kleist über allem gesprochen, was von Denenselben gesehen und gehört worden; Ich schreibe es aber Ew. Liebden nochmalen und bleibe darbei, dass es alles, was der Feind da machen thut, pure Masken sein.68-1 Ich habe den Obrist von Werner nach Kojetein geschickt,68-2 welcher aber anjetzo zurücke kommt und Gefangene einbringet, welcher Mir alles versichert, was ich daher weiss, nämlich dass bei Kremsier vorgestern ein Corps von der ganzen Armee detachiret worden, ohngefähr 3 oder 4 Mann per Compagnie, welches in allem mit Infanterie, Kavallerie, Dragonern und Husaren an 6000 Mann ausmachet. Wie viel nun darvon nach Prerau marschiret ist, kann Ich nicht sagen; zurück kann aber nicht viel sein, weil gestern Abend ohngefähr 3000 Mann allda angekommen, das übrige werden sie zurückgelassen haben, um, in Fall sie gejaget würden, sich darauf zu repliiren. Es hat Mir auch der Feldmarschall von Keith heute früh melden lassen, dass sie das Freibataillon von Rapin attaquiret hätten, so im Dorfe [Hodolein]68-3 stehet. Also, wann Ich dieses alles zusammennehme, so kann nicht anderscher68-4 schliessen, als dass es lauter Finten, dass Daun so hin und her marschiren lässet, um unsere Attention dahin zu ziehen, um dass er hinten herumgehen kann. Ich habe deshalb den Markgraf Karl mit denen Bataillons nach Dollein marschiren lassen. Es wird uns Daun vorjetzo noch nicht attaquiren, weil er keine Ursache darzu hat. Es sind Minen im verdeckten Weg, da wir uns erst durchquälen müssen, und alsdann hat er68-5 die Inundation noch. Will also Daun den ordentlichen Weg gehen und nicht eher ohne Noth und Unzeit was thun, so wird er uns nicht eher attaquiren, als bis die Stadt sehr leidet und blessirt ist.

Demohngeachtet aber, dass Ich Dieselben in alle Fälle und von Meiner Idee instruire, so gebe Ich hierdurch in Nachricht, dass, so lange Harsch und Jahnus da stehet, so müssen Dieselben in Ihrem und Ich in Meinem Lager bleiben und uns nicht rühren; sollte der Feind aber was tentiren, so stelle Ich Mir solches in voraus für, dass er die Höhen, wo Möhring stehet,68-6 wird suchen zu gewinnen, [um]68-7 sich da formiren und in die Plaine penetriren zu können, bei Gross und Klein-Senitz; deshalb Ich Möhringen sehr recommandiret, beständige Patrollen zu schicken, dass, wann das Corps, so da stehet, eine Bewegung vorwärts machet, so ziehen Sich Ew. Liebden mit Dero Corps und setzen den linken Flügel an Klein-Senitz, etwas von die Berge ab, und Ich werde<69> dann mit Meinem Corps ohngefähr zwischen Ohnitz und Nebotein69-1 Mir setzen. Der Markgraf Karl, so zu Dollein stehet, kann gleich zu uns stossen, nur muss Littau besetzt bleiben; die leichten 12pfündigen Canons müssen auch allda bleiben, und die 5 Vierundzwanzigpfünder werden mitgenommen; nur muss dieses Mouvement nicht eher geschehen, als bis man gewiss versichert und überzeuget ist, dass der Feind was tentiret, weil wir dann noch Zeit haben, denn die Défilés, so er bei Wilimow zu passiren hat, werden ihm sehr sauer werden.

Wegen der Reconvalescirten bin Ich es wohl zufrieden, dass sie nach Krenow69-2 gehen können.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst.



68-1 Vergl. Nr. 10071.

68-2 Vergl. Nr. 10067.

68-3 Der Name des Dorfes fehlt in der Vorlage.

68-4 So.

68-5 Der Commandant von Olmütz, General von Marschall. Vergl. S. 65.

68-6 Vergl. S. 59.

68-7 Vorlage „und“ .

69-1 Ohnitz und Nebotein, westl. bez. südwestl. von Olmütz, auf dem linken Ufer des Blatta-Baches.

69-2 Gewöhnlich Krenau oder Kronau geschrieben, nordwestl. von Olmütz.