10417. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Dresden, 12. October 1758.

Eichel übersendet ein an ihn gerichtetes Schreiben von Galster.299-4 Er äussert, der Amtmann Krüger299-5 habe verdient, „dass ihm wegen seiner besonderen Marque von Treue und wegen des Hasards, so er sich dabei exponiret hat und noch exponiret bleibet ... eine distinguirte Gnade von des Königs Majeslät widerführe.“

Ein vom Könige an den Prinzen Heinrich gesandter Feldjäger ist die Nacht durch Dresden passirt und hat im Posthause schriftliche Mittheilungen299-6 für Eichel hinterlassen. Daran anschliessend meldet Eichel:

<300>

Er hat dabei sich gegen den hiesigen Postcommissaire noch mündlich geäussert, wie dem Ansehen nach es wohl heute oder morgen zu einer decisiven Affaire mit der Daun'schen Armee kommen dörfte. Der Höchste gebe seinen Segen dazu und beschirme hauptsächlich nur des Königs Majestät theureste Person! Wir haben indess bis dato noch nicht das geringste davon weiter gehöret, es ist auch heute bis jetzo Abends um 8 Uhr noch kein Feldjäger weiter von des Königs Armee angekommen. Ich vor mich wünsche nur, dass es nicht wieder eine Affaire als wie ohngefähr vor eines Jahres Zeit300-1 werden und des Königs Majestät den Feind wie dermalen in einem dergestalt festen Posten finden mögen, dass Sie solchen, ohne alles zu risquiren, nicht attaquiren können. Sollte diese Nacht noch einige Nachricht einlaufen, weil, wie obgedachter Jäger zugleich gesaget, des Königs Majestät von Bautzen aus ganz naher an den Feind marschiret sein sollen, so werde solches noch morgen früh zu melden nicht ermangeln, überhaupt aber sehr attent sein, alles vorfallende Ew. Excellenz sogleich melden zu können.

Von des Prinz Heinrich Hoheit Armee habe gestern den Herrn Generalmajor von Finck gesprochen, der mir dann gesaget, wie die Kreiserarmee immer nach und nach gegen Freiberg defilire und dem Verlaut nach auf Beziehung der Winterquartiere denke, von welchen man aber noch nicht wissen könne, ob sie solche in Böhmen oder in dem Reiche nehmen wolle, dabei sonsten alles ganz ruhig ihrer Orten zuginge.

Ich wünschete wohl von Herzen, dass alle Armees in ihre Winterquartiere gehen und währenden solchen ein redlicher und dauerhafter Friede geschlossen und zu Stande gebracht, auch Ew. Excellenz deshalb in völlige Arbeit gebracht, mithin darunter Dero Tour zu agiren kommen möchte. Was mir über solches Sujet vor verschiedenen Tagen zugekommen, lege hierbei.300-2

Es ist betrübt zu sehen, und hat der Herr von Plotho ganz recht, wenn er schreibet, dass alles Recht, Bilügkeit, Menschheit, Honnêteté und Wohlstand von Seiten derer Feinde von Sr. Königl. Majestät ganz und gar aus den Augen gesetzet werde. Ich weiss nicht, ob man nicht wohl thäte, wiederum par reprêsaille einige derer public gewordenen Schriften gegen des Königs Majestät, und zwar mit weit mehrerem Recht und Fug, als es von dem Gegentheil geschiehet, öffentlich durch den Büttel verbrennen zu lassen, unter welchen [man], wo nicht den Observateur hollandais,300-3 doch hauptsächlich die schändliche Charteque, so unter dem Titel „Lettre du Prince de Prusse et réponse du Roi“ 300-4 erschienen, nebst andern groben Schriften, so österreichscherseits herausgegeben worden, [wird] rechnen können. Es ist mir zum Erstaunen gewesen, wenn ich in den<301> letzteren französischen Zeitungen den Extract der sogenannten „Parallèle de la conduite p.“ 301-1 gelesen, mit was grosser Impudence man auch die offenbaresten Wahrheiten verdrehet, ganz insolent wider solche gelogen und alles in ein falsches Licht gestellet hat. Wenn dieses diejenige Pièce ist, womit nach des Herrn von Hellen vormaligen Berichten das französische Ministerium, es unter dem Namen eines Manifestes herausgeben zu wollen,301-2 gedrohet hat, so hat es billig Ursach, sich davor zu schämen und den Titel eines Manifestes in den der Parallele eines Anonymi zu verändern. Ich hoffe auch, dass solches nicht ohnbeantwortet [bleiben], sondern alles solidement in sein wahres Licht gestellet werden wird. Was mir bei diesem allen in gewisser Maasse etwas plaisant vorkommet, ist, dass ich aus allen Piecen, so sowohl von dem wienerschen Hofe als dem Reichshofrath in denen Zeitungen als sonsten public gemachet werden, [ersehe, wie] diese allemal Chursachsen zum cheval de bataille machen und simuliren, als ob dieses die Ursache von dem Kriege wäre und der Hof zu Wien gar nicht anders dabei interessirte, um dadurch nur dem Publico die einzige und wahre Ursache dieses facheusen Krieges aus dem Andenken zu bringen. Ich bin zu wenig zu beurtheilen [im Stande], ob es also nicht gut und nöthig wäre, bei allen Gelegenheiten und in verschiedenen kleinen Piecen dem Publico das Andenken aller Menées und Procédés des wienerschen Hofes, die dieses unselige Kriegesfeuer erreget, wieder von Zeit zu Zeit zu erneuren und zu unterhalten.

Ew. Excellenz wollen es meinen gerechten Schmerzen und Empfindungen condonniren, wenn ich in dergleichen Digression gerathen und fast darüber von dem Hauptzweck dieses meines Schreibens abgekommen bin, so eigentlich darin bestehet, dass Deroselben ich abermalen eine Posttasche mit verschiedenen Papieren von Importance, die mir, wenn hiernächst ich wiederum zu des Königs Majestät gehen müsste, zur beschwerlichen Last sein würden, adressire . . .

Eichel.

P. S.

Ich habe vergessen, Ew. Excellenz nachrichtlich anzuzeigen, wie dass des Königs Majestät schon seit einiger Zeit her die Relationes des Herrn von Viereck gar nicht mehr, die aber von dem Benoît sehr wenig und selten sehen noch lesen wollen, auch ich nur Zeit meiner Anwesenheit allhier Gelegenheit genommen, die Relations des Benoît der russischen Umstände halber Sr. Königl. Majestät herauszuschicken, ohne dass jedoch ich eigentlich weiss, ob solche gelesen worden seind oder nicht. Ich melde dieses nur deswegen, damit, wenn wegen beider Referenten und deren Rapports etwas importantes vorkommet, ein Königl. Departement nicht etwa in den Gedanken stehe, als ob erstere deshalb immediate beschieden würden, und dass mithin bei importanten<302> Vorfällen nöthig sein dörfte, bei des Königs Majestät aus dem Departement zu berichten und anzufragen.

Nach der Ausfertigung.

I.

Hauptquartier Bautzen, 7. October 1758.

Des Königs Majestät seind mit der Kavallerie heute früh gegen 10 Uhr angekommen und die Infanterie Nachmittags um 2 Uhr. Der Herzog von Württemberg302-1 ist mit denen hier bei sich gehabten Regimentern sofort nach Sr. Königl. Majestät Ankunft aufgebrochen und nach Weissenberg marschiret, wo nunmehro das ganze Corps Retzow wieder beisammen ist. Der Prinz von Baden-Durlach stehet annoch bei Hochkirch, das Corps Laudon auf denen Bergen von Postewitz302-2 und die Daunische Armee bei Neustadt. Die sehr starke Desertion von denen Oesterreichern continuiret noch immerfort. Gestern sind 124 Mann angekommen und heute schon 94. Der Aussage derer Deserteurs nach, müssen zum Feldmarschall Keith, welcher mit einem Corps bei Rammenau stehen geblieben, weit mehrere heute angekommen sein.

Das betrübteste allhier ist, dass seit der ganzen Zeit, die das Corps Retzow mit dem Commissariat302-3 allhier gestanden, annoch nicht auf einen Tag Fourage vor die Armee zusammengebracht worden, so dass die Regimenter schon morgen auf denen Dörfern fouragiren müssen.

Ew. Hochwohlgeboren wissen, dass das triplum vor der Armee erfordert wird, sobald solche in den Cas des Fouragirens gesetzet wird, der Desordres, so bei dieser Gelegenheit vorzugehen pflegen, nicht zu gedenken. Ich wünsche, dass es in der Länge Bestand haben möge. Der Bezirk, den wir mit Sicherheit fouragiren können, ist nicht gar gross.

Galster.

P. S.

Des Fürsten Moritz Durchlaucht seind an einer Verstopfung miserable krank.

II.

Extrait d'une lettre arrivée de Genève d'un correspondant du ministre de Borcke à Dresde, du 21 septembre de l'année présente.

Monsieur l'abbé de Bernis sent le mauvais état où se trouve la France, la difficulté de soutenir cette guerre et le crédit public; pour parer à ces inconvénients, il sent la nécessité de la paix et de travailler sur l'esprit du Roi pour le faire consentir à supprimer des dépenses immenses. Sa Majesté a déjà consenti à quelquesunes. Une certaine personne de qualité et de crédit a pénétré que M. l'abbé de Bernis était rempli de ces idées; qu'il était aujourd'hui mortifié du traité de Versailles avec la cour de Vienne qui avait été l'instrument de sa fortune, ayant ete mis dans la place par madame Pompadour qui régissait tout, et qui avait été captivée par des lettres remplies d'expressions flatteuses que l'Impératrice lui avait écrites de sa main, en la traitant de ma cousine, ce qui avait asservi madame de Pompadour aux intérêts de cette Princesse, qu'elle ne suivait qu'elle dans ses projets et ses desseins pour le présent et l'avenir. Que M. l'abbé de Bernis, qui avait à présent d'autres vues, travaillait à gagner la confiance du Roi, de M. le Dauphin et de madame la Dauphine; qu'il avançait assez dans cette carrière pour avoir osé dire à madame de Pompadour que, quoiqu'il lui dût sa fortune, il ne pouvait épouser ses idées sur l'Impératrice au préjudice de son devoir et du bien du royaume. Le ministre sent qu'il n'y a rien à espérer de la cour d'Espagne ni de celle de Turin, auxquelles ce traité a causé de l'ombrage; et que par toutes ces considérations M. de Bernis n'a<303> rien de plus à eceur que de faire cesser les maux de la France; qu'il mettrait tout en œuvre pour faire cesser l'alliance offensive avec la cour de Vienne, en saisissant la première occasion de faire une paix, la moins mauvaise qui se pourra. Qu'il sera sûrement contrecarré dans ce projet par madame de Pompadour et par M. le maréchal de Belle-Isle qui ne cherche qu'à brouiller. Cette personne espère, cependant, que, par l'esprit et la prudence de M. l'abbé de Bernis, dont elle a grande opinion, qu'il303-1 surmontera tous ces grands obstacles.

M'ayant pris la liberté de communiquer cet extrait à Sa Majesté, elle m'a fait la grâce de me répondre en termes suivants :303-2 Qu'on ne saurait faire fond sur le contenu de cette lettre, lui étant revenu d'autre part que c'était proprement la Pompadour qui souhaitait le retour de la paix, et que Bernis la contrecarrait à cet égard; qu'il faudrait donc attendre qu'on voie plus clair là-dessus, avant d'en juger avec précision.



299-4 Vergl. unten Beilage I.

299-5 Vergl. S. 290.

299-6 Danach hatte am io. der preussische linke Flügel „den österreichschen rechten angreifen wollen; da sich aber der Feind nicht bloss geben mögen, so sei es bei einer Kanonade geblieben. Die österreichische Husaren hätten Miene gemachet, in die preussische Bagage zu fallen, sie wären aber mit Verlust von 150 Mann repoussiret worden. Sonst hätten die Zieten'sche Husaren 50 Mann feindlicher Kavallerie zu Gefangenen gemacht.“

300-1 Vergl. Bd. XV, 301. 321.

300-2 Vergl. Beilage II.

300-3 Ueber diese Zeitschrift vergl. Hatin, Les galettes de Hollande (Paris 1865) u. ders., Bibliothèque de la presse périodique française (Paris 1866).

300-4 Vergl. Nr. 14 a. u. 14 b. des „Catalogue raisonné des écrits attribues à Frédéric“ , in dem Schlussheft der Œuvres (1857), S. 158.

301-1 „Parallele de la conduite du roi de France avec celle du roi d'Angleterre.“ Vergl. diese französische Staatsschrift in den Danziger „Beyträgen“ Bd. vii, S. 135.

301-2 Vergl. S. 20.

302-1 Prinz Friedrich Eugen.

302-2 Südl. von Bautzen.

302-3 Vergl. S. 297.

303-1 So.

303-2 Das bezügliche Schreiben des Königs fehlt.